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Aus: Ausgabe vom 18.02.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Arbeitskampf international

Arbeiterblockade bei Audi

Ausschluss von Sozialplan: Beschäftigte aus Zulieferbetrieben protestieren vor Werk im belgischen Vorst
Von Gerrit Hoekman
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Feuriges Fanal: Malocher beim Autobauer protestieren seit Monaten gegen die Werksdemontage (Brüssel, 9.9.2024)

Der Protest wirkt nach, auch zu Beginn der neuen Woche. Etwa 200 Werktätige blockierten am frühen Freitag morgen bis nachmittags vier Zugänge zum Audi-Werk im belgischen Vorst, meldete die Nachrichtenagentur Belga. Sie sind bei den Zulieferern des Autoherstellers angestellt und stehen nach der bevorstehenden Schließung der Fabrik Ende Februar ebenfalls auf der Straße, kommen im Sozialplan, den Audi seinen 3.000 Beschäftigten in Vorst anbietet, nicht vor.

Weil sich beim Beginn der Protestaktion bereits einige Beschäftigte von Audi im Werk befanden, habe die Produktion trotz der Blockade beginnen können, sagte ein Sprecher von Audi Brussels gegenüber dem Brüsseler Lokalsender Bruzz. Die Frühschicht durfte um 14 Uhr die Blockade passieren und nach Hause gehen. 150 Kolleginnen und Kollegen, die am Freitag im Werk an einer Infoveranstaltung über ihre berufliche Zukunft teilnehmen wollten, wurden allerdings von den Blockierern nicht in die Fabrik gelassen.

Die Protestler arbeiten bei den Zulieferern Mosolf, Sesé, Rhenus Automotive und Imperial Logistics, einer Filiale von DP World. Sie fordern von ihren Bossen eine höhere Entlassungsprämie. Imperial Logistics will ihnen zum Beispiel nur zwischen 962 und 3.500 Euro brutto zahlen bzw. zwischen 200 und 300 Euro pro Beschäftigungsjahr. Laut Gewerkschaftsvertretern ist die Entschädigung bei Rhenus ähnlich hoch. Alle rund 400 Arbeiter bei den Logistikunternehmen Rhenus und Imperial werden nach der Schließung des Audi-Werks erwerbslos sein.

Es war die zweite Protestaktion innerhalb einer Woche. Schon am Montag vor einer Woche hatten etwa 100 Werktätige der Zulieferer in der Brüsseler Innenstadt dagegen demonstriert, dass sie im Audi-Sozialplan außen vor bleiben, den die Gewerkschaften Ende Januar mit dem Management des Autobauers ausgehandelt hatten und der weitaus besser ist als der, den die Zulieferer ihren Beschäftigten anbieten. Nach dem »Renault-Gesetz«, das seit Februar 1998 nach einer Massenentlassung beim Autohersteller Renault in Vilvoorde eine Mindestentschädigung vorschreibt, ist Audi nicht verpflichtet, sich um die Belegschaft der Zulieferer zu kümmern, obwohl sie von der Schließung des Werks in Vorst gleichermaßen betroffen ist.

»Sie haben uns beiseitegeschoben«, sagte Saïd Benali, bei Rhenus Automotive der Vertreter der sozialistischen Gewerkschaft ABVV-FGTB, am vorigen Montag laut Belga. »Bei Audi hat man einen Sozialtarifvertrag ausgehandelt, davon sind wir aber noch weit entfernt.« Den Beschäftigten bei den Zulieferern stünden aber dieselben Rechte zu wie der Kernbelegschaft im Werk in Vorst. »Wir sind auch Arbeitnehmer und machen die gleiche Arbeit.« Auch für jene müsse es eine Lösung geben, eine Perspektive.

Das sieht Jan Baetens von der christlichen Gewerkschaft ACV ähnlich: »Diese Leute bekommen buchstäblich Peanuts, obwohl sie zusammen mit der Audi-Belegschaft an derselben Produktionskette arbeiten«, so der Belegschaftsvertreter am vergangenen Montag gegenüber Belga. Sie würden als Malocher zweiter Klasse behandelt. Die Gewerkschaften fordern deshalb eine Reform des »Renault-Gesetzes«, die alle Betroffenen gleichstellt. »Der Hauptarbeitgeber muss in Zukunft auch für die Zulieferer verantwortlich sein«, so Baetens weiter. Der sozialistische Gewerkschafter Saïd Benali hat jedoch wenig Hoffnung, dass die neue Regierung aus fünf Parteien unter dem flämisch-nationalistischen Premierminister Bart De Wever an der Spitze dabei mitmacht. »Die rechten Parteien und die belgische Politik unterstützen die multinationalen Konzerne«, ist er überzeugt.

An der Protestaktion am Montag vor einer Woche in Brüssel nahm auch Nabil Boukili teil, Abgeordneter der marxistischen PTB/PVDA im belgischen Parlament. »Wir unterstützen die Werktätigen bei den Zulieferern. Ungefähr tausend Arbeitnehmer der Subunternehmen verlieren am Ende des Monats ihren Job ohne irgendeine Lösung«, stellte Boukili fest. Die PTB/PVDA habe bereits eine Reform des »Renault-Gesetzes« ausgearbeitet. »Wenn wir eine Veränderung wollen, müssen wir die Regierung weiter unter Druck setzen.« Mit der neuen »Arizona-Koalition« von De Wever, zu der auch die flämischen Sozialdemokraten gehören, sei kein sozialer Fortschritt möglich. »Wir müssen weiterhin mobilisieren und sie auseinandertreiben«, betonte Boukili.

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