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Aus: Ausgabe vom 19.02.2025, Seite 5 / Inland
Stadtentwicklungspolitik

Umbau statt Abriss

Berlin: Bauwende-Bündnis fordert Bestandsschutz und Nutzung leerstehender Büros zu Wohnzwecken
Von Oliver Rast
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Raum für bezahlbaren Wohnraum: Demontierte Haupttribüne des Cantianstadions (Berlin, 8.2.2025)

Die Ziele sind klar: Abriss stoppen, Bestand nutzen, sozial und ökologisch bauen. Denn Berlin brauche eine Bauwende; eine, die das Klima schützt, bezahlbaren Wohnraum schafft und Spekulation eindämmt, erklärten Vertreter des am Dienstag bei einer Pressekonferenz (PK) im Berliner »Haus der Demokratie und Menschenrechte« vorgestellten »Bauwende-Bündnisses«. Eine Kooperation von Architektenkammer, Mieterorganisationen sowie Umwelt- und Klimaschutzverbänden.

Das Bündnis ist aus der Volksinitiative »Bauwende für Berlin« hervorgegangen, dessen Sprecher bereits am Montag im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen des Abgeordnetenhauses (AGH) angehört worden waren. Die zentrale Frage: Wie kann eine Kehrtwende in der hauptstädtischen Bau- und Wohnungspolitik gelingen?

Zunächst zum Befund: Bauen und Wohnen seien ein großes stadtpolitisches Thema, jedenfalls für Mieter und Wohnungssuchende, betonte Gerrit Naber von der Volksinitiative bei der PK. Gleichfalls bei den oppositionellen Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke im AGH. Während der Anhörung sei etwa die Idee eines »runden Tisches Bauwende« erörtert worden. Und dort ließen sich folgende sechs Punkte vertiefen, befand Naber: Ein Bestandsregister, das den leerstehenden und nutzbaren Raum digital erfasst. Eine verpflichtende Prüfung der Nutzungspotentiale von Gebäuden vor Abriss. Die Sanktionierung von Leerstand oder missbräuchlicher Nutzung eines Gebäudes. Ein Nutzungsgebot für leerstehende öffentliche Gebäude und Flächen vor Neubau. Ein sogenanntes CO2-Budget für Neubau- und Sanierungsprojekte gemäß des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms (2022 bis 2026). Ferner eine Entwicklung von Quartieren, die der Klima- und Mietenkrise gerecht würden, so Naber weiter. Das heißt? Eine ausgewogene Kombination von Stadtgrün, Infrastruktur, Arbeit, Wohnen und Freizeit.

Friederike Thonke, Beraterin für nachhaltiges Bauen bei der Triodos-Bank, ergänzte: Nein, um ein Neubauverbot gehe es ihr nicht. Um ein weitgehendes Verhindern solcher Projekte indes schon. Allein wegen der starken, klimaschädlichen Emissionen, die bei Neubaumaßnahmen entstünden. Kurzum, es müsse vor allem darum gehen, Vorhandenes zu nutzen statt abzureißen. Mittels energetischem Umbau samt hohem Vorfertigungsgrad bei Gebäudeteilen – Balkons, Fensterfronten und dergleichen.

Unzweifelhaft sei, es brauche dauerhaft bezahlbaren Wohnraum in der Hauptstadt, sagte Sebastian Bartels. Dafür könnten beispielsweise ungenutzte Büroflächen zu Wohnungen umgebaut werden, so der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Der sei reichlich vorhanden. Abseits des innerstädtischen S-Bahnrings rund zwei Millionen Quadratmeter. Bartels: »Eine Studie hat ergeben, dass rund 30.000 Wohnungen geschaffen werden könnten.«

Ein Dauerärgernis: Die zu horrenden Mieten inserierten möblierten Bleiben. »Hier muss endlich seitens der Bezirke, des Senats eingegriffen werden«, forderte Bartels. In Milieuschutzgebieten müsste diese Vermietungsform genehmigungspflichtig werden. Mindestens, bestenfalls verboten werden. Ein Landeswohnungsamt könnte gewissermaßen als Aufsichtsbehörde intervenieren. Nur, ein solches fehlt bislang. Die CDU-SPD-Koalition mit dem zuständigen Bausenator Christian Gaebler (SPD) habe in die Puschen zu kommen. Berlin als größte deutsche Stadt müsse bau- und wohnungspolitischer Vorreiter sein. »Vorneweg ist ein Kataster notwendig, um leeren, verwahrlosten, aber nutzbaren Bestand zu erfassen.« Denn ohne ein solches Bestandsregister wäre eine sozial-ökologische Bauwende nicht möglich.

Das sieht Ioan C. Brumer genauso. Der Sprecher vom neuen Bauwende-Bündnis »Unsere Stadt. Klimagerecht bauen und bezahlbar wohnen« kündigte an, den Mitgliedsorganisationen den Rücken zu stärken und denjenigen Berlinern eine Stimme zu geben, »die von einer sozialen Wohnungs- und Stadtpolitik abhängig sind.« Dafür seien die sechs von Naber referierten Punkte Handlungsgrundlage. Gegen Abriss, für Bestandsumbau.

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