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Aus: Ausgabe vom 24.02.2025, Seite 4 / Inland
Schlappe für Antikommunisten

Antifaschistin gewürdigt

Heidelberg: Umbenennung eines nach einem NSDAP-Mitglied benannten Platzes erkämpft
Von Martin Hornung
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Sophie Berlinghof (r.) bei einer Demonstration im Jahr 1984

Am 20. Februar hat der Heidelberger Gemeinderat beraten, ob ein nach dem vormaligen Nazianhänger Karl Kollnig benannter Platz im Stadtteil Handschuhsheim in Sophie-Berlinghof-Platz umbenannt wird. Kollnig hatte völkische Schriften verfasst, war SA- und NSDAP-Mitglied und später Hochschulrektor. Eine Straßenkommission setzte ihn auf eine Liste von neun Personen, bei denen aufgrund von »Naziverstrickungen« eine Umbenennung erfolgen solle.

Ende 2023 reichte ein Mitglied der Linkspartei den Vorschlag ein, den Platz nach der Antifaschistin und Kommunistin Sophie Berlinghof zu benennen. Beigefügt war ein von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) erstellter Lebenslauf. Berlinghof stand schon mit 22 im kommunistischen Widerstand, wurde 1933 von der Universität relegiert und zeitweise im Gefängnis »Fauler Pelz« in »Schutzhaft« genommen. Von 1947 bis 1956 war sie für die KPD im Gemeinderat aktiv und auch danach für ihr soziales Engagement in der Stadt bekannt und beliebt. Als Sprecherin der örtlichen VVN führte sie bis ins hohe Alter antifaschistische Stadtrundgänge durch, bei denen sie über die Greueltaten der Nazis und den Widerstand berichtete.

Die Stadtverwaltung stellte sich zunächst quer: »Personen, von denen Positionen bekannt sind, die im Widerspruch zu seit 1918 in Deutschland verwirklichten demokratischen Wertvorstellungen stehen, kamen für eine Neubenennung nicht in Frage. Ausschlaggebend bei Sophie Berlinghof war ihr Engagement in der KPD, einer Partei, welche die Weimarer Republik bekämpft hat, wie das auch die NSDAP tat.«

nd Eigenanzeige

Nachdem Mitte Januar die »Stolperstein«-Initiative die Veranstaltung »Wer war Sophie Berlinghof?« in der Volkshochschule mit 50 Teilnehmenden durchgeführt hatte, legte die Stadt nach: Als einzigen von 16 Vorschlägen versah sie die Kurzbiographie zu Sophie Berlinghof mit einer ganzseitigen »Stellungnahme« voller Ungeheuerlichkeiten: Sie sei »Staatsfeindin« und habe »durch ihre aktive Mitgliedschaft in der KPD und DKP Verbre­chen unter Stalin und des Kommunismus bagatelli­siert«.

Die Kreisvorstände des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erklärten ihre Unterstützung für Berlinghof. Mitte Februar rief die VVN-BdA zu zwei »Stadtrundgängen auf den Spuren von Sophie Berlinghof« auf. Die örtliche Presse veröffentlichte zwölf zustimmende Leserbriefe. In der Fragestunde am 20. Februar sprach auch ein Großneffe von Sophie Berlinghof, der sich gegen die Herabwürdigung seiner Verwandten verwahrte. Eine Stadträtin der Partei Die Linke verlas seinen gesamten Beitrag: Die Anwürfe hätten die Angehörigen tief getroffen. Sophie Berlinghof sei im Jahr 2000 zu ihrem 90. Geburtstag von der Oberbürgermeisterin geehrt und in der Presse als »Vorbild für alle« bezeichnet worden. Sie habe die Platzbenennung verdient.

In der scharfen Debatte heuchelte die CDU »Respekt für ihr Wirken«, man könne aber »das Gedenken von NS-Opfern nicht mit dem Gedenken an die Opfer des Stalinismus vereinbaren«. Die AfD erklärte: »Die Umbenennungen sind Auslöschung der Geschichte.« Die SPD unterstützte den Antrag und beantragte auch eine Benennung in der Weststadt nach dem sozialdemokratischen Widerstandskämpfer Emil Henk. Ihn hatten die Nazis 1943 für 20 Monate ins Gefängnis gesteckt. Nachdem beide Anträge im November im Bezirksbeirat und am 5. Februar im Hauptausschuss noch abgelehnt worden waren, wurden sie nun im Gemeinderat mit großer Mehrheit angenommen. Für Sophie Berlinghof stimmten 27 (Linke/Bunte Linke, SPD, Einzelstadträte und die Grünen, letztere wohl unter dem Eindruck der breiten Bewegung in der Stadt), bei 10 Neinstimmen und neun Enthaltungen. Der Antikommunismus hat eine Schlappe erlitten, der Antifaschismus gepunktet.

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