Sheinbaum reagiert
Von Volker Hermsdorf
Mexiko reagiert mit einer Verfassungsreform auf die Entscheidung der US-Regierung, acht lateinamerikanische Kartelle, darunter sechs mexikanische, zu terroristischen Organisationen zu erklären. Präsidentin Claudia Sheinbaum warnte Washington davor, dies als Vorwand für eine Einmischung zu nehmen. Ihr Land werde keine Verletzung seiner Souveränität hinnehmen – egal, als was die USA die kriminellen Gruppen bezeichnen, kündigte sie am Freitag auf ihrer täglichen Pressekonferenz an. Deshalb würden zwei Artikel der Verfassung geändert. Einerseits wird die Ablehnung einer äußeren Einmischung sowie einer solchen in »Ermittlungen oder Strafverfolgung ohne ausdrückliche Genehmigung und Zusammenarbeit mit dem mexikanischen Staat« in dem Gesetzestext festgeschrieben. Gleichzeitig soll jeder Staatsangehörige oder Ausländer, »der an der illegalen Herstellung, dem Vertrieb, dem Verkauf und dem internationalen Transfer von Waffen beteiligt ist, sowie jeder Ausländer, der sich an illegalen Aktivitäten auf mexikanischem Territorium beteiligt«, mit der höchstmöglichen Strafe belegt werden.
»Das mexikanische Volk wird unter keinen Umständen Interventionismus oder andere Handlungen aus dem Ausland akzeptieren, die der Unabhängigkeit und Souveränität der Nation schaden, wie Staatsstreiche, Einmischung in Wahlen oder die Verletzung des mexikanischen Territoriums«, begründete Sheinbaum die geplanten Änderungen. Außerdem werde die mexikanische Regierung den Vorwurf der »Komplizenschaft« in ihre Klage gegen US-Waffenhersteller einbeziehen, da deren Produkte bei den Kartellen landen, die Washington nun als Terroristen einstuft. Laut dem mexikanischen Außenministerium kommen jährlich 200.000 Waffen aus den USA ins Land. Mittlerweile stammen 74 Prozent des Arsenals der Drogenbanden von dort. Täglich werden rund 100 Menschen getötet.
Bei den am 19. Februar von der Trump-Regierung neu eingestuften kriminellen Vereinigungen handelt es sich um den venezolanischen Tren de Aragua, die salvadorianische Mara Salvatrucha und sechs mexikanische Kartelle. Trump-Berater Elon Musk erklärte, dass diese nun, da sie als Terroristen gelten, mit Drohnen angegriffen werden können. Medienberichten zufolge hatte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth bereits darauf hingewiesen, dass die USA militärische Angriffe gegen mexikanische Kartelle auf dem Gebiet ihres Nachbarlandes starten könnten. »Alle Optionen liegen auf dem Tisch, wenn ausländische terroristische Organisationen Amerikaner angreifen«, sagte er Anfang Februar. Auch Trumps Beauftragter für Grenzschutz und Abschiebungen, Tom Homan, drohte, dass die USA nicht zögern würden, Militär einzusetzen, falls mexikanische Kartelle US-Truppen an der Grenze angreifen sollten. »Der Zorn des Präsidenten wird zuschlagen«, erklärte er. Trump verfüge über die Fähigkeit, »sie von der Erdoberfläche zu tilgen«. Mexikos Staatschefin Sheinbaum verwies demgegenüber darauf, dass ihre Regierung bereit sei, mit den US-Behörden im Kampf gegen den Drogenhandel und kriminelle Gruppen weiter zusammenzuarbeiten, sie jede Art von Einmischung, egal unter welchem Vorwand, aber zurückweise.
Die Gefahr einer als »Kampf gegen den Terrorismus« bezeichneten US-Intervention bedroht auch andere Staaten der Region. Beobachter verweisen auf Präzedenzfälle für ein militärisches Vorgehen gegen »terroristische« Gruppen außerhalb des eigenen Territoriums, ungeachtet der offensichtlichen Verletzung des Völkerrechts und der Souveränität der betroffenen Länder. So sei das US-Militär im Nahen Osten in verschiedenen Ländern eingesetzt worden, nachdem Organisationen wie Al-Qaida, der Islamische Staat, Hamas und Hisbollah als Terrorgruppen eingestuft worden waren. Die entsprechende Bezeichnung lateinamerikanischer Kartelle könne künftig eine ähnliche militärische Strategie des Pentagons nach sich ziehen, warnt der venezolanische Journalist Orlando Rangel.
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