Trauerfeier in Beirut
Von Karin Leukefeld
Mit einer beeindruckenden Trauerfeier haben am Sonntag Hunderttausende Menschen aus dem Libanon und aus aller Welt Abschied von dem charismatischen Führer der libanesischen Hisbollah, Hassan Nasrallah, und von seinem Nachfolger und Cousin Hashem Safieddine genommen. Nasrallah war am 27. September vergangenen Jahres zusammen mit Vertrauten und Beratern bei einem Angriff der israelischen Luftwaffe in einem Vorort von Beirut ermordet worden. Safieddine, der unmittelbar danach zum Nachfolger Nasrallahs ernannt worden war, wurde nur wenige Tage später, am 3. Oktober, durch einen israelischen Luftangriff getötet.
Am Sonntag morgen trafen drei iranische Maschinen auf dem internationalen Flughafen von Beirut ein. Sie brachten unter anderem den iranischen Außenminister Abbas Araghtschi, Parlamentssprecher Mohammad Bagher Ghalibaf und 40 Parlamentsabgeordnete. Araghchi, Ghalibaf und Begleiter wurden vom libanesischen Präsidenten Joseph Aoun empfangen. Delegationen aus insgesamt 79 Staaten reisten an, 500 Journalisten erhielten eine Akkreditierung. Auch in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa wurde eine offizielle Trauerfeier für die beiden Hisbollah-Führer ausgerichtet.
Umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen waren von Hisbollah, Polizei und Armee getroffen worden: Rettungssanitäter und Fahrzeuge wurden um den Ort der Feier, das Camille-Chamoun-Stadion, und entlang der rund drei Kilometer langen Straße stationiert, auf der die Särge der beiden Hisbollah-Führer am Nachmittag in einer Prozession zu ihren Gräbern gebracht wurden. Nasrallah sollte in einem Mausoleum unweit des Flughafens von Beirut beerdigt werden, Safieddine in seinem Heimatdorf Deir Qanoun Al-Nahr (Tyros).
Das Camille-Chamoun-Stadion im Ortsteil Ghobeiri (Südbeirut) verfügt über rund 50.000 Sitzplätze auf den Rängen. Auf dem Feld waren weitere 23.000 Stühle aufgestellt worden. Doch schon kurz nachdem das Stadion am Morgen die Tore geöffnet hatte, waren alle Plätze gefüllt. Männer und Frauen saßen getrennt, wie bei muslimischen Feiern üblich. Fotos zeigten ein Meer aus Fahnen der Hisbollah und Palästinas. Auf einer Pressekonferenz des Vorbereitungskomitees hieß es, aus Palästina sei eine kleine Flasche mit Erde der Al-Aqsa-Moschee eingetroffen, die in die Erde des Grabes von Hassan Nasrallah gemischt werde.
Um 13 Uhr (Ortszeit) begrüßte der langjährige Stellvertreter Nasrallahs, der neue Generalsekretär Scheich Naim Kassem, die Anwesenden und dankte ihnen, da sie »das Bündnis eingehalten« hätten. »Unser lieber Sajid Nasrallah hat den Widerstand zur Nation geführt und die Nation zum Widerstand.« 75.000 israelische Soldaten hätten vergeblich versucht, den Libanon einzunehmen. Anders als die Hisbollah habe sich Israel nicht an das Waffenstillstandsabkommen gehalten, und so sehe man sich nun erneut einer israelischen Besatzung und Aggression gegenüber. Israel werde politisch nicht erreichen, was es auf dem Schlachtfeld nicht erreicht habe, die Hisbollah werden Weg von Nasrallah weitergehen. »Palästina und seine Befreiung sind unser Kompass«, so Kassem. »Libanon ist die Heimat seines Volkes, und wir gehören zu diesem Volk.«
Als während der Trauerfeier israelische Kampfjets im Tiefflug über Beirut flogen, wurde dies mit wütenden Ausrufen quittiert. Schon am Morgen hatten israelische Kampfflieger erneut Dörfer im Südlibanon, in der Beeka-Ebene und bei Tyros bombardiert. Der ehemalige israelische Verteidigungsminister Joaw Gallant hatte Anfang Februar in einem Interview mit dem Nachrichtensender Channel 12 angegeben, dass er die Entscheidung zur Tötung von Nasrallah getroffen habe. Ursprünglich habe die Luftwaffe den Erfolg der Tötung Nasrallahs mit 90 Prozent angegeben. Dafür habe man 40 Tonnen Sprengstoff eingeplant. Gallant ordnete daraufhin an, dass die Sprenglast auf 80 Tonnen verdoppelt werden sollte, um einen 99prozentigen Erfolg zu gewährleisten. Bei dem dann erfolgten Luftangriff wurden sechs umstehende Wohnhäuser ganz oder teilweise zerstört. Der Angriff erfolgte – anders als bei vorherigen Angriffen auf Wohnhäuser – ohne jegliche Vorwarnung.
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