»Die Kommission spielt eine fragwürdige Rolle«
Interview: Thomas Berger
Palawan, die größte Inselprovinz der Philippinen, stellt sich als weitgehend intaktes grünes Paradies dar. Doch der Schein trügt: Bergbaukonzerne wollen ihre Aktivitäten ausweiten.
Ich engagiere mich gegen die Ausdehnung des Bergbaus, seit ich 16 war. Auf Palawan hat die Gefahr vor allem in den letzten zwanzig Jahren zugenommen. Aktuell sind es drei große Bergbaufirmen, die mit Aktivitäten auf der Insel vertreten sind. Es sind Anläufe für weitere Vorerkundungen im Gange. Erst Mitte 2024 ist einem Unternehmen eine Erweiterung um 2.500 Hektar bewilligt worden. Neben einigen anderen Mineralien geht es in erster Linie um die Förderung von Nickel.
Wird die Zustimmung der Indigenen vorher eingeholt, wenn es um neue Bewilligungen für den Bergbau geht?
Es gibt ein Gesetz, das das eigentlich regelt, und auch die Nationale Kommission für indigene Gemeinschaften (NCIA), die unter anderem für die Überwachung solcher Fragen zuständig ist. Wir haben aber ein großes Korruptionsproblem. Wenn es um Bergbaulizenzen und Abbaugenehmigungen geht, ist ganz viel Geld im Spiel. Ich will keine konkreten Anschuldigungen aussprechen, aber die Kommission spielt oft eine fragwürdige Rolle und steht eher auf der Seite der Bergbaufirmen. Hinzu kommen weitere Faktoren. Ich erinnere mich an eine Zusammenkunft in jüngerer Zeit, zu der zielgerichtet nur jene Vertreter der Indigenen eingeladen wurden, die dezidiert für das Förderprojekt sind.
Was unternimmt die Coalition Against Land Grabbing, CALG, um die Menschen in Palawan im Kampf um ihre Rechte zu unterstützen?
Die Herausforderungen sind vielfältig. Teil des Gesamtproblems ist oftmals schon die Sprachbarriere, hinzu kommt oft das Fehlen formaler Bildung und mangelndes Bewusstsein für Funktionsweisen der modernen Gesellschaft. Deshalb haben wir zum Beispiel ein Jugendcamp veranstaltet. Die Teilnehmenden waren begeistert, mal aus ihrer Welt herauszukommen. Die meisten Menschen auf Palawan leben sehr ursprünglich in den Bergwäldern. Wir wollen sie nicht »modernisieren«, aber unterstützen. Es ist effektiv, ihnen in solchen Formaten ihre Rechte klarzumachen. Der Kampf gegen den Bergbau war schon immer schwer, in jüngster Zeit ist es nicht wirklich besser geworden. Wir dürfen bei der Fokussierung auf das Thema Verteidigung von Landrechten auch nicht die Alltagsprobleme der Leute – Ernährungssicherheit, Zugang zu Bildungsmöglichkeiten und weiteres – vergessen. Wenn etwa eine Schule ganze vier Kilometer entfernt ist, sind die Kinder bestenfalls nur drei Tage die Woche dort. Mancherorts gibt es statt einer richtigen Schule sogar nur sogenannte Tageszentren.
Gibt es Auseinandersetzungen vor Gericht mit Erfolgschancen?
Wir als Nichtregierungsorganisationen können nicht selbst Klage einreichen. Aber wir sind dabei, die Betroffenen zu bestärken und sie in die Lage zu versetzen, notfalls diesen Weg zu gehen. Zum Beispiel, indem wir sie grundsätzlich über ihre gesetzlich fixierten Rechte aufklären, die bei Bergbauausweitungen oft mit Füßen getreten werden. Oder ein Problembewusstsein schaffen, wenn Leute von außen kommen und einfach Geld bieten. Es gab inzwischen schon einige Fälle, die bis vor Gericht gegangen sind. Der Oberste Gerichtshof hatte 2023 in einem wegweisenden Urteil staatliche Behörden und die Ipilan Nickel Corporation angewiesen, auf die Umweltbedenken einer klageführenden Palawan-Vereinigung einzugehen. Jedoch wurde eine Schließung der Mine nicht verfügt, und eine effektive Umsetzung des Urteils hat es auch nicht gegeben. Voriges Jahr haben indigene Aktivisten an einem Firmengelände protestiert, weil sich das Unternehmen über eine einschränkende Anordnung der NCIA hinweggesetzt hat und ohne direkte Genehmigung weiterhin tätig ist. Weil inzwischen auch weitere Konzerne Interesse bekundet haben, ist unser übergeordnetes Ziel, über die Dachvereinigung »Save Palawan Movement« ein 25jähriges Moratorium für Bergbau auf der Insel durchzusetzen. Dafür braucht es weiter jegliche Unterstützung, die wir bekommen können.
Grace E. Calago arbeitet seit etwa zwei Jahren für die Coalition Against Land Grabbing (CALG) auf Palawan
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