Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Hart am Wind

Von Gabriele Damtew
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Ach, Sie suchen Streit? Rostocker Polizisten bei der Arbeitsbeschaffung (22.2.2024)

Das Nord-Süd-Duell zwischen Hansa Rostock und der SG Dynamo Dresden ist der Ostkracher überhaupt auf dem früheren Hoheitsgebiet der DDR. Mannschaften und Fans bekämpften sich schon damals gern, wobei Dresden sportlich die Oberhand behielt. Bei den Fans war das schwieriger festzustellen. Doch ausgerechnet die ewig erfolglose Hansa stellte den letzten DDR-Meister, Dresden wurde nur Zweiter. Beide stiegen dadurch zusammen in die Bundesliga auf. Dynamo wiederum hielt vier Jahre in der höchsten Spielklasse durch, während der Fahrstuhl für Rostock schon nach einer schlappen Saison wieder abwärts fuhr. Doch egal ob in der zweiten Bundesliga oder wie jetzt in der dritten Liga, die Aufeinandertreffen waren und sind Saisonhöhepunkte.

Das Ostseestadion war mit 26.000 bis auf den letzten Stehplatz ausverkauft. Am Sonnabend lief die Sachsenelite (derzeit Rang zwei) auf dem winterharten Boden der Tatsachen auf. Im Gästeblock war nicht nur Kostümzwang angesagt (»Alle in Schwarz«), man hatte auch unter der Woche fleißig gebastelt und gemalt. Die hauseigenen Fans hatten sich recht großzügig mit allerlei Rauch- und Knallwaren eingedeckt, die einige von ihnen schon beim Aufwärmen hirnlos, aber gezielt, auf schwarz-gelbe Spieler abfeuerten. Geisteskranke Festtagsstimmung, wie wir in den Straßen von Sankt Kreuzberg sagen. Noch wusste keiner, dass sich der investierte Ticketpreis wegen Überlänge richtig gelohnt haben würde.

Diese Atmosphäre von Härte und Magie übertrug sich auf die Spielweise der Hansa. Jeder Zweikampf wurde gewonnen. Zudem galt es, die Schmach von Mannheim auszumerzen (Wortschatzverb von CDU-Spinnern), wo die Rostocker zuletzt mit 5:0 richtig auf die Fresse bekommen hatte. Dresden geizte, überfordert und überrascht von der eigenen Unfähigkeit, nicht mit Fouls, nach wenigen Minuten musste Hansas Nico Neidhart verletzt vom Platz. Als Folge des Rostocker Dauerpressings dann das verdiente 1:0 durch Nils Fröling, dessen Kopfball leicht abgefälscht im Tor landete.

Nach der Halbzeit ging es erst mal nicht weiter. Stress im Gästeblock oder stressige Polizeiaktion, wahrscheinlich beides, schwer zu überblicken. Der Böllerpegel war unmenschlich. Der aus der Karnevalshochburg Mainz stammende Schiri Tom Bauer, dem Narrentreiben nicht fremd sein dürfte, beließ es bei einer Spielunterbrechung. Die irre Stimmung übertrug sich auch auf die Mitwirkenden auf dem Platz. Erst 47 Minuten (!) später, mein Gegenüber hatte eine hässliche, aber präzise Smartwatch, wurde wieder angepfiffen.

Nächste und letzte Unterbrechung: ein Kopfballtriell. Stammt eigentlich aus dem Wahlkampfjargon. Im Fußball wird einer gnadenlos in die Mitte genommen und angegangen, und allen dreien tut’s weh, anders als bei Politikern. Kurz gesagt: Hansa Rostock gelingt der erste Heimsieg in diesem Jahr, und noch wichtiger – der erste seit 14 Jahren zu Hause gegen Dresden.

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