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Aus: Ausgabe vom 26.02.2025, Seite 6 / Ausland
Karibik

Lynchjustiz in Haiti

Morde, Brandstiftung und Barrikaden: Während die Lage weiter eskaliert, heben USA Schutzstatus auf, und Dominikanische Republik schließt Grenze
Von Volker Hermsdorf
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Gefährliche Checkpoints: Straßenkontrolle in Port-au-Prince (12.2.2025)

Haiti ist am Wochenende abermals von Gewalttaten erschüttert worden: Am Rande von Protesten gegen die anhaltende Unsicherheit im Land lynchte eine aufgebrachte Menge in der Hauptstadt ­Port-au-Prince mindestens zwei Personen, die für Mitglieder bewaffneter Gangs gehalten wurden. Die beiden mutmaßlichen Bandenmitglieder waren zuvor an einer Straßensperre von Angehörigen der Nationalpolizei festgenommen worden und befanden sich während der Lynchmorde in Polizeigewahrsam. Wie Telesur berichtete, hatten Beamte die Opfer festgehalten, weil sich eines von ihnen nicht ausweisen konnte. Der andere Mann habe ein abgelaufenes Dokument präsentiert, demzufolge er aus dem Armenviertel Cité Soleil stammte. Der Vorort von Port-au-Prince gilt als Zentrum der Bandenkriminalität in dem Land, in dem es seit 2023 keine demokratisch legitimierten Vertreter mehr gibt und das seine letzten Wahlen 2016 abgehalten hat.

Örtliche Medien meldeten Vorfälle von Lynchjustiz auch aus anderen Teilen Haitis. Vorausgegangen waren Berichte über den Tod eines kenianischen Angehörigen der von Militärs aus diesem Land angeführten multinationalen sogenannten Sicherheitsunterstützungsmission. Der Soldat war bei einem Schusswechsel mit Gangs verwundet worden. Am Sonntag wurde zudem über Schüsse im Stadtteil Fort National berichtet, im wohlhabenden Stadtviertel Bourdon hätten Bandenmitglieder den Verkehr lahmgelegt, indem sie Straßenabschnitte mit Barrikaden aus brennenden Reifen blockierten, hieß es.

Knapp zwei Wochen zuvor brannte das derzeit nicht in Betrieb befindliche staatliche Universitätskrankenhaus von Port-au-Prince. Laut Presseberichten soll das größte Gesundheitszentrum des Landes am 13. Februar von rivalisierenden Gangs angezündet worden sein. Das seit März vergangenen Jahres wegen zunehmender Gewalt geschlossene Krankenhaus war bereits im Dezember bei seiner geplanten Wiedereröffnung und auch danach mehrfach attackiert worden. Während der Regierung nahestehende Medien ausschließlich bewaffnete Gruppen für den Brand verantwortlich machten, stellten Kritiker unbequeme Fragen. »Wenn es in letzter Zeit mehrere Angriffe auf das Krankenhaus gab, warum wird es dann nicht rund um die Uhr bewacht, wie es bei einigen Unternehmen der wohlhabenden Elite entlang der Flughafenstraße der Fall ist, die Tag und Nacht von der Polizei mit gepanzerten Fahrzeugen gesichert werden?« so die Wochenzeitung Haïti Liberté. Offenbar sei die Klinik der Regierung »nicht wichtig genug«. Der haitianische Staat habe »noch nie einen einzigen Cent investiert, um das Krankenhaus funktionsfähig zu halten – besonders für die Arbeiter und die armen Menschen, die sich keine medizinische Versorgung in privaten Kliniken leisten können«, kritisierte die Zeitung.

Und während die Zahl der Opfer und Vertriebenen täglich steigt, hob die US-Regierung am Donnerstag den besonderen Schutzstatus für Haitianer in den USA auf. Rund eine halbe Million Menschen aus dem Karibikstaat sind von der Entscheidung betroffen, die künftig wieder Abschiebungen ermöglicht. Die Dominikanische Republik, deren rechter Präsident Luis Abinader im Oktober angekündigt hatte, jede Woche etwa 10.000 »irreguläre Migranten« aus dem Nachbarland »zurückzuschicken«, machte ihre Grenze am Sonntag weitgehend dicht. Unterdessen teilte das Büro der Vereinten Nationen für Menschenrechte in Genf mit, dass 2024 in Haiti mindestens 5.600 Menschen getötet, über 2.200 verletzt und rund 1.500 entführt worden waren. Die Zahl der Binnenvertriebenen stieg nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) im gleichen Zeitraum auf über eine Million.

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