Ressourcen weggeschnappt
Von Reinhard Lauterbach
Die EU ist offenbar besorgt über den möglichen Inhalt des Abkommens über den Zugang zu ukrainischen Rohstoffen, das derzeit zwischen Kiew und den USA ausgehandelt wird. Experten im Umfeld der EU-Kommission sagten am Mittwoch gegenüber dpa, die faktische Monopolisierung der ukrainischen Rohstoffvorkommen durch die USA könne sich negativ auf die Kreditwürdigkeit der Ukraine und ihre Bewertung durch Weltbank und Internationalen Währungsfonds auswirken. Das würde bedeuten, dass die EU auf den Kosten eines Wiederaufbaus des Landes weitgehend allein sitzenbliebe, während sich die USA die Rohstoffe sichern würden. Dpa zitierte auch Stimmen, wonach das Abkommen in der vorliegenden Form den EU-Beitritt der Ukraine in Frage stelle. Die EU hatte am Dienstag versucht, mit einem eigenen und angeblich für die Ukraine günstigeren Vertragsentwurf wieder ins Rohstoffgeschäft mit Kiew zurückzukommen. Offenbar zu spät, weil sich die Ukraine auf die USA als Wunschpartner festgelegt hat.
Am Mittwoch nachmittag veröffentlichte das britisch-ukrainische Portal Kyiv Independent einen ihm angeblich von der ukrainischen Regierung zur Verfügung gestellten Text des Vertragsentwurfs. Geplant ist demnach die Gründung eines US-amerikanisch-ukrainischen Investmentfonds, an den bisher noch staatliche Rohstoffvorkommen übertragen werden sollen. Bereits privatisierte Ressourcen sind davon demnach nicht betroffen. Neben Naturschätzen aller Art wird auch Exportinfrastruktur wie Häfen und Flüssiggasterminals in den Fonds einbezogen. Dieser kontrolliert damit faktisch den ukrainischen Rohstoffexport. Die Vertragsparteien seien »bestrebt«, Kollisionen des Vertrags mit Verpflichtungen der Ukraine gegenüber anderen internationalen Organisationen wie der EU zu »vermeiden«. Das deutet allerdings darauf hin, dass die in Brüssel geäußerten Befürchtungen nicht ohne Grundlage sind.
Am Freitag wird der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij in Washington erwartet, um das Abkommen gemeinsam mit US-Präsident Donald Trump zu unterzeichnen.
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Leserbrief von Christian Helms aus Dresden (27. Februar 2025 um 13:46 Uhr)Wenigstens das führt die Trumpsche Politik wohl auch dem Letzten vor Augen: In der Politik der Großmächte geht es nicht um Menschenrechte, Demokratie, Frieden, Wohlstand oder gar Klimaschutz, die Erhaltung der Lebensgrundlagen auf unserem Planeten. Vielmehr geht es um Macht zur Durchsetzung von Interessen, den Zugriff auf wichtige Rohstoffe, um Märkte, letztendlich um Profite. Die finanziell und wirtschaftlich Mächtigen instrumentalisieren dafür die politischen Entscheider. Dafür werden Kriege geführt, Menschenleben und Verwüstungen in Kauf genommen. Mit profitabler Rüstung und profitablem Wiederaufbau. In seltener Klarheit wird das jetzt durch die Ukraine-Politik des Trumpschen Oligarchensystems und dem Gerangel um die ukrainischen Ressourcen sichtbar. Aber das ist nicht neu. Schon Egon Bahr hat vor Jahrzehnten versucht, Gymnasiasten zu erklären, welche Kräfte und Interessen die internationale Politik bestimmen. Auch wenn die Lehrer was anderes erzählen.
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Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (27. Februar 2025 um 08:18 Uhr)Bei dem prächtigen Geschäft, das Trump per Rohstoffabkommen beabsichtigt, will Russland offenbar nicht abseitsstehen. Beispielsweise meldet die HNA: »Russland will mit den USA in den besetzten Gebieten der Ukraine bei der Erschließung von Vorkommen seltener Rohstoffe zusammenarbeiten.« Die Ukraine wird offenbar nicht gefragt. Auch wenn »die besetzten Gebiete« von russischen Truppen besetzt sind, gehören sie dennoch zur Ukraine und nicht zu Russland. Im Klartext: Putin beabsichtigt, dass Russland Profit macht mit Gütern, die der Ukraine gehören. Das Wort »Hehlerei« liegt nahe!
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Leserbrief von Jürgen Endreß aus Nürnberg/ Franken (28. Februar 2025 um 09:10 Uhr)Man sollte mal nachdenken, denn in der US-Politik gilt ein Grundsatz: »Wo ein Amerikaner steht, steht Amerika.« Frage: Warum dürfen die Russen das nicht auch tun. Zumal im Donbass 96 Prozent Russen, Russenstämmige, Mischehen Ukrainer/Russinnen/Russen/Ukrainerinnen wohnen und arbeiten, welche nach 1945 die Kohle-/Stahlindustrie aufgebaut haben. Halbinsel Krim: 51 Prozent Russen, rund 20 Prozent Kosaken, 25 Prozent Ukrainer/Ukrainerinnen wohnen und arbeiten dort. Ohne ein »Putin-Freund« zu sein ist da wohl nix mit besetztem Land und unterdrückten Menschen, sondern hat wohl viel mit Befreiung von der Bevormundung zu tun. Dies sind UN-Zahlen, nicht aus dem Daumen gesaugt. Genau so wie rund 80.000 Ukrainer/Ukrainerinnen nach wie vor in Russland arbeiten und leben. Übrigens: 30 Prozent des ukrainischen Weizens sind in der Hand von US-Konzernen, Land das diese billig erworben haben. Da die ukrainische Kriegspolitik für seine Blutpumpe Mensch braucht, die eingefangen, enteignet, gezwungen werden. Frage: Warum sollte Russland einen Krieg wegen Rohstoffen führen, Rohstoffe, welche in Russland so reichhaltig vorhanden sind, dass sie diese ausführen können.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (27. Februar 2025 um 14:51 Uhr)Herr Pfannschmidt, Geschichte ist ein ständig wandelnder Prozess ohne klaren Anfang oder »Ende«. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass Königsberg historisch betrachtet noch vor nicht allzu langer Zeit zu Preußen gehörte. Die Ukraine hingegen war ein Zufallsprodukt ohne gemeinsame Kultur, Tradition oder Sprache. 1991 hatte das Land eine Bevölkerung von fünfzig Millionen Menschen, während es 2019 nur noch rund vierzig Millionen waren. Es gelang der Ukraine nicht einmal, den Lebensstandard der UdSSR aufrechtzuerhalten. Warum sollten Staaten unabhängig werden oder bleiben, wenn sie nicht lebensfähig sind? Staaten, die allein nicht existenzfähig sind, geraten zwangsläufig in dauerhafte Abhängigkeiten – und tragen damit zu anhaltenden internationalen Konflikten bei. Die Frage ist daher, ob es in der geopolitischen Ordnung überhaupt Platz für solche Staaten geben sollte.
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Leserbrief von Jürgen Fleißner aus Seeheim - Jugenheim (28. Februar 2025 um 17:44 Uhr)Ich erlaube mir Herrn Istvan Hidy wörtlich zu zitieren: »Warum sollen Staaten unabhängig werden oder bleiben, wenn sie nicht lebensfähig sind ?« Als ich das gelesen habe, rollten sich meine Fußnägel auf und ich bekam Schnappatmung, kann die Frage aber beantworten. Nein, solche Staaten, und da gibt es einige auf der Welt davon, brauchen wir nicht. Wir überfallen sie, töten ein paar Tausend Soldaten und Zivilisten, zerbomben deren Infrastruktur, verschleppen ein paar Kinder und wenn alles »platt« ist, klauen wir uns noch den Rest, der noch brauchbar ist (Bodenschätze). So einfach ist internationale Politik. Mit friedvollen Grüßen, J. Fleißner
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Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (27. Februar 2025 um 14:19 Uhr)»Die Ukraine wird offenbar nicht gefragt.« Ihnen, Herr Pfannschmidt müsste doch bekannt sein, dass Staaten, welche Kriege beginnen (Beschuss des Donbass durch Kiewer Putschisten 2014 bis 2022, 14.000 Tote), Kriege, die sich anschließend ausweiten, dann aber von ihnen verloren werden, niemals gefragt werden. Wurde Deutschland 1918 oder 1945 gefragt? Saß Keitel 1945 am Verhandlungstisch über deutsche Bodenschätze oder kam er vor Gericht, was hoffentlich auch Selenskij bevorsteht? Der Donbass war über Jahrhunderte Russland, welches übrigens in Kiew gegründet wurde (Kiewer Rus), gehört nach mehreren Volksabstimmungen nun erneut zu Russland, einschließlich der Bodenschätze. Das Völkerrecht und der Internationale Gerichtshof legitimierten im Fall Kosovo das Selbstbestimmungsrecht und die Abspaltung eines Landesteils entgegen dem Einspruch der Zentralregierung. Das gilt umso gewichtiger, da ja der Kosovo keine 14 Jahre von der Regierung in Belgrad in vergleichbarer Weise terrorisiert wurde wie der Donbass von der Regierung in Kiew. Die DDR hatte ebenfalls kein Mitspracherecht bei der Ausbeutung der Gruben im Ruhrgebiet, nachdem die BRD von Deutschland 1949 als Separatstaat abgespalten worden war. Sie musste die gesamte verlorene Schwerindustrie mühsam aufbauen. Der Donbass ist das Ruhrgebiet der Ukraine. Den ist sie jetzt los und hätte ihn noch bei Beachtung von völkerrechtlich verbindlichen Abkommen (Minsk II).
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Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (27. Februar 2025 um 16:59 Uhr)Herr Buttkewitz, Ihr Vergleich der Ukraine mit Deutschland 1918 und 1945 ist wohl doch etwas voreilig, da er die Situation nach der Kapitulation betrifft. Aber soweit ist die Ukraine noch nicht, und womöglich leben Totgesagte länger. – Die von Russland besetzten Gebiete umfassen inzwischen deutlich mehr als nur die mehrheitlich von Russen bewohnten Gebiete. Und der russische Vormarsch auf ukrainischem Territorium geht weiter, wohl auch wegen der dort zu holenden Bodenschätze. – Betreffs Ihres Verweises auf den Internationalen Gerichtshof: Dort läuft bereits eine Klage der Ukraine gegen Russland wegen Völkermords. Ergebnis ist Erlass einer einstweiligen Anordnung: Russland muss die militärische Gewalt in der Ukraine sofort einstellen. Dass Russen in der Ostukraine vor einem Völkermord geschützt werden müssten, hatte Russland zur Rechtfertigung seiner Invasion zwar behauptet, konnte dem Gericht dafür aber keine Beweise vorlegen (siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Gerichtshof). Mal sehen, ob das endgültige Ergebnis tatsächlich mit dem des Falles Kosovo vergleichbar ist.
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Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (28. Februar 2025 um 11:37 Uhr)»Ihr Vergleich der Ukraine mit Deutschland 1918 und 1945 ist wohl doch etwas voreilig, da er die Situation nach der Kapitulation betrifft. Aber soweit ist die Ukraine noch nicht.« Nein, soweit ist der Westen noch nicht, da er diesen Krieg gegen Russland mit den Händen der noch verbliebenen ukrainischen Soldaten führt. Doch im Grunde ist die Situation ökonomisch noch hoffnungsloser als für das Deutsche Reich Anfang 1945. Die Ukraine als Staat ist bereits nicht mehr lebensfähig. Sie wird nur noch künstlich am Leben erhalten, weil die finanziellen Transfusionen der USA und der EU bisher den gesamten (!) zivilen Staatshaushalt der Ukraine bestritten (Gehälter, Renten, medizinische Versorgung usw.), so dass diese ihre geringen Einnahmen dann vollständig für militärische Zwecke verwenden konnte, allerdings auch das nur in Verbindung mit gewaltiger Kreditaufnahme im Westen, Verkauf und Verpfändung all dessen, was irgendwie von Wert ist. Dieser Staat ist mit einem Komapatienten vergleichbar. Mr. Musk kann mit einer einzigen Entscheidung dem ukrainischen Militär das Satellitensystem Starlink sperren, damit die letzte Leitung durchtrennen, vor der endgültigen Kapitulation. Wenn die Kampffähigkeit einer Armee letztlich nur von einer Person abhängt, doch die EU und die Wähler ihrer Parlamente das überhaupt nicht stört, weiter einen bankrotten Staat nahezu vollständig zu finanzieren, dann wird es sicher so weitergehen in der Ukraine. Geheimdienstchef Budanow fasste allerdings den betretenen Zuhörern im Parlamentsausschuss der Rada bereits einen möglichen Zusammenbruch binnen sechs Monaten ins Auge.
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Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (27. Februar 2025 um 02:14 Uhr)»Das würde bedeuten, dass die EU auf den Kosten eines Wiederaufbaus des Landes weitgehend allein sitzenbliebe, während sich die USA die Rohstoffe sichern würden.« Die Hauptschäden sind in den Republiken des Donbass entstanden, die mehrmals per Abstimmung ihre Zugehörigkeit zu Russland bekundet haben. Diese Schäden wären ohne Waffenlieferungen der EU und die Unterstützung der Putschisten in Kiew seit 2014 niemals entstanden. Diesen Wiederaufbau wird die EU selbstverständlich nicht tragen. In der Westukraine dagegen betreffen die Wiederaufbaumaßnahmen vor allem die Energieinfrastruktur. Die wiederum kann die EU – nicht übernehmen, Russland müsste dies weitgehend tun, da all die Systeme auf russische Normen und Ersatzteile ausgerichtet sind. Die EU weiß also, dass sie einerseits nicht will und andererseits nicht kann. Umso lauter redet sie von Aufbauhilfe, wie zuvor von der Zerstörungshilfe. Es handelt sich lediglich um Kredite, die sie ohne Not in ein Fass ohne Boden geworfen hat. Dass die Ukraine das nie zurückzahlen kann, war von Anfang an klar. Wer sich wie Westeuropa stets an der Leine der USA bewegt hat, darf nicht klagen, wenn die entscheiden, wieviel Fleisch an dem Knochen ist, der ihnen nach der Mahlzeit zugeworfen wird. Aber vielleicht werden demnächst wie durch ein Wunder doch noch die Aufklärungsdaten der Sprengungen der Gasleitungen in der Ostsee von der EU veröffentlicht, wenn wir schon mal dabei sind, Rechnungen aufzustellen. Man wird ja noch träumen dürfen. Allein die Inbetriebnahme der verbleibenden Gasleitung in der Ostsee würde Trumps Zoll-Pläne konterkarieren. Doch dazu ist das gegen Russland Gift speiende Führungspersonal Deutschlands und der EU nicht bereit. Ihre Wähler offensichtlich auch nicht.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (26. Februar 2025 um 21:28 Uhr)Für Donald Trump stand das Geschäft schon immer über dem Frieden – und dieses Abkommen ist ein weiteres Beispiel dafür. Zugegeben, der Krieg in der Ukraine wurde nicht von ihm, sondern von Joe Biden und dessen Administration mitverschuldet. Doch nun nutzt Trump die Gelegenheit, um sich wirtschaftliche Vorteile zu sichern, anstatt ernsthaft nach einer Friedenslösung zu streben. Ein Makler bleibt eben immer ein Makler – und wird niemals ein Staatsmann. Sein Vorgehen zeigt einmal mehr, dass er die USA nicht als verantwortungsbewusste Weltmacht führen will, sondern als skrupellosen Wirtschaftsakteur. Anstatt den versprochenen Frieden in der Ukraine voranzutreiben, verstrickt er sich in ein Geschäft, das Europa erheblich belasten könnte. Damit wiederholt er – bewusst oder unbewusst – die Fehler seiner Vorgänger. Doch was will Trump überhaupt in der Ukraine? Die USA verfügen bereits über immense Ressourcen – von den Rohstoffen Alaskas über die Öl- und Gasvorkommen im Golf von Mexiko bis hin zu potenziellen Bodenschätzen in Kanada, Grönland und der Arktis. Sie haben alles, was für eine starke Position im globalen Wettbewerb nötig wäre. Warum also diese plötzliche, aggressive Expansion in die Ukraine? Am Ende droht Trump, die USA in eine »nordamerikanische Regionalmacht« zurückzuverwandeln – wirtschaftlich stark, aber geopolitisch geschwächt. Europa hingegen steht vor der Herausforderung, sich nicht erneut in wirtschaftliche und sicherheitspolitische Abhängigkeit von den USA zu begeben. Denn wenn sich die Ukraine einseitig auf ein Rohstoffabkommen mit Washington einlässt, könnten die langfristigen Kosten und Risiken letztlich allein bei der EU hängen bleiben.
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