Mad Man
Von Felix Bartels
Wahnsinn kann man nicht beschreiben, man muss ihn sehen. Unlängst hatte Donald Trump jenen Hühnerhaufen, der »Weltpresse« genannt wird, mit der Ankündigung in Aufregung versetzt, aus dem Gazastreifen eine »Riviera« zu machen. Und zwar explizit nicht für die palästinensische Bevölkerung, deren »Umsiedlung« Voraussetzung des Plans sei. Die mit dankenswerter Klarheit artikulierte Absicht sollte nicht ohne Visualisierung bleiben. Nun hat der Mann mit der Vision auf seinem Insta-Kanal ein Video veröffentlicht.
»Gaza 2025 – What’s next«, robbt der Schriftzug sich in die Hirnrinde. Der Film mit seinen 33 Sekunden Länge ist offensichtlich KI-generiert, was insofern passt, als auch der Krieg der israelischen Streitkräfte gegen die Bevölkerung in Gaza mit elementarer Hilfe von KI geführt wurde. Ist das noch zynisch oder schon gesetzmäßig? Exemplarisch steht es in jedem Fall, zeigt sich darin durchaus die Abwesenheit des Humanen, was ganz nach dem Geschmack des US-Präsidenten sein dürfte, der nicht nur die Welt in wertvolle und weniger wertvolle Menschen einteilt, sondern es liebt, das Ganze als sachgemäßes Denken zu präsentieren.
Die Symbolik des Videos wäre also kaum hinreichend erfasst, hielte man sie lediglich für kolonial. Kolonialismus ist die dauerhafte Besetzung fremder Landstriche zum Zweck der Ausbeutung oder geostrategischen Kontrolle. Was Trump postuliert, steht vielmehr in der Tradition jener Landnahme, wie sie aus der Geschichte seiner eigenen Nation bekannt ist. Weißer Mann zieht nach Westen, und was immer dort schon wohnt, hat zu weichen. Dass hierzu Abertausende über die Klinge haben springen müssen, wird naturgemäß beschwiegen, es passt ja auch nicht ins paradiesische Setting. Die ersten Sekunden zeigen die Trümmer von Gaza noch, dann fährt die Kamera durch einen Höhlenausgang in die neue Welt. Strände, Leuchtwerbung, pralles Leben. Elon beim Hummusfressen, Dollarscheine regnen, ein Trump-Tower kratzt am nunmehr nicht mehr verrauchten Himmel, am Ende schlürfen Donald und Bibi, physisch sichtbar out of shape, Cocktails. Und Trump wäre nicht Trump, wenn dieses Dokument des sich selbst verleugnenden Nazismus zugleich nicht auch eines des offenen Narzissmus wäre. Man sieht einen Jungen mit einem – natürlich goldfarbenen – Ballon in Form eines Trumpkopfes, man sieht eine – natürlich goldfarbene – Trumpstatue, so groß, dass selbst Turkembaschi neidisch geworden wäre, man sieht kleine – natürlich goldfarbene – Reproduktionen der Statue.
Gaza, wie Trump es träumt: Als neue Welt, in der man ihn endlich so liebt, wie er es verdient. In der seine Apotheose vollzogen ist. In der die Chance ruht, seinem oft adressierten Helden Howard Roark gleich zu werden. Mit dem kleinen Unterschied, dass Howard seine Megalomanie nicht auf Leichen bauen musste.
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