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Aus: Ausgabe vom 28.02.2025, Seite 8 / Inland
Fragenkatalog der Union

»Sie kritisieren die Politik der CDU«

Gemeinnützige Organisationen müssen nicht parteipolitisch neutral sein. Ein Gespräch mit Stefan Diefenbach-Trommer
Interview: Gitta Düperthal
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»Nee zu CDU und AfD«: Großdemonstration unter dem Motto »Gemeinsam für Demokratie. Nie wieder ist jetzt« (Marbug, 9.2.2025)

In einer parlamentarischen Anfrage listet die Union 551 Fragen zur Finanzierung Dutzender gemeinnütziger Vereinigungen auf. Titel: »Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen«. Dahinter steht die Drohung, die Förderung zu entziehen. Wie ist zu erklären, dass die CDU direkt nach der Wahl diese Vereine so ins Visier nimmt?

Sie fühlt sich verletzt und ungerecht behandelt durch die Proteste gegen ihre Politik der vergangenen Wochen – und handelt quasi aus einer falschen Verteidigungshaltung heraus. Sehr pragmatisch ist das nicht.

Welches Signal sendet die CDU?

Sie greifen Verschwörungsmythen aus rechtspopulistischen Kreisen auf: Ja, diese Mythen haben irgendwie Hand und Fuß. Und sie markiert diese Organisationen als Gegner. Damit wird es gefährlich. Auch ist dem zu entnehmen: Zivilgesellschaft, Demokratie und Demonstrationen sind nicht so wichtig, wenn sie nerven. Eine solche Haltung kannten wir in unserer Republik in den vergangenen Jahrzehnten nicht.

In empörten Reaktionen war die Rede von einem »zu befürchtenden Großangriff auf die emanzipatorische Zivilgesellschaft«. Manche fühlten sich »an autoritäre Staaten« erinnert. Stimmen Sie dem zu?

Es gibt eine Breite von Vereinen mit sehr verschiedenen Aufgaben: der Sportverein, der Kulturverein, der Schulförderverein oder die in der Anfrage erwähnten Organisationen (unter anderem die Rechercheplattform Correctiv, das Netzwerk Campact, ATTAC, die Amadeu-Antonio-Stiftung, Umweltorganisationen wie Greenpeace und PETA, jW). Sie auseinanderzudividieren, wie es die CDU in dem Fall macht, ist schädlich. Dies gleichzusetzen mit autoritären Staaten ist aber aus meiner Sicht überzogen. Eine Tendenz dahin ist zu registrieren: Als künftige Regierungspartei sollte die CDU prüfen, was sie an Rechtsstaatlichkeit von anderen Ländern fordert, und diesen Maßstab auch an sich selbst anlegen. Es ist ja scheinbar nur eine Anfrage.

Auf ihrem Parteitag 2018 stellte die CDU die Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe infrage. Damit machte sie aber keine Politik, es gab keinen Gesetzesvorschlag. Ich kann mir vorstellen, dass es jetzt ähnlich ist.

Der Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler sprang der CDU zur Seite. Gemeinnützige Vereine dürften sich nicht gegen eine politische Partei wenden, die nicht verboten ist, weder die AfD noch die CDU, sondern müssten »parteipolitisch neutral« sein.

Aus meiner Sicht steckt dahinter ein Doppelfehler. Es gibt keine Pflicht, parteipolitisch neutral zu sein. Auch ist die Behauptung falsch, dass sich Vereine hier pauschal gegen die CDU wendeten. Sie kritisierten deren Politik. Vereine dürfen nicht sagen, generell ist die eine Partei mies, und die andere großartig, wenn sie gemeinnützig sind. Sie dürfen aber, bezogen auf die Zwecke, die sie verfolgen, das Handeln kritisieren. Sonst könnte man tatsächlich auch von autoritärem Herrschen reden.

Boehme-Neßler bringt das Beispiel, Parolen wie »Ganz Berlin hasst die CDU« seien nicht gemeinnützig.

(Lacht.) Klar ist das nicht gemeinnützig. Aber das Gemeinnützigkeitsrecht erlaubt Zuspitzung. Laut Bundesfinanzhof darf ich mich drastisch äußern, wenn die Aussage dahinter sachlich fundiert ist. Auch ist die Frage, wem die Parole zuzurechnen ist, nicht so einfach. Ansonsten müsste auch die AfD längst verboten sein. Das ist sie aber nicht, obgleich unstrittig ist, dass einzelne Mitglieder und Teile der Partei rechtsradikal sind.

Was kann ein solcher Vorstoß der CDU für die künftige Arbeit von Vereinen implizieren?

Es macht Angst, wenn man so an den Pranger gestellt wird. Menschen könnten dann vor dem Engagement für die Demokratie zurückschrecken.

Was können Sie dagegen tun?

Ich habe mich per Mail an die Unionspolitiker Mathias Middelberg und Carsten Linnemann gewandt und um ein Gespräch zur Sache gebeten. Die betroffenen Organisationen versuche ich zu beruhigen: Das ist zwar aufregend, aber es ist kein Gesetz. Macht mit eurer Arbeit weiter.

Stefan Diefenbach-Trommer ist Vorstand der Allianz »Rechtssicherheit für politische Willensbildung« e. V.

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