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Aus: Ausgabe vom 28.02.2025, Seite 15 / Feminismus
Afghanistan

Keine Freiheit

Afghanistan: Frauen und Journalisten haben es besonders schwer. Ein Frauensender darf unter Auflagen nun wieder berichten
Von Yaro Allisat
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Damals noch möglich: Nadia Safi von Radio Zohra moderiert kurz nach dem Machtwechsel im Studio in Kundus (18.9.2021)

Kein Recht, auf der Straße laut zu sprechen, kein Recht, öffentlich das Gesicht zu zeigen, kein Recht, zu studieren oder auf weiterführende Schulen zu gehen, Millionen Leben ins Private verbannt: Seitdem die islamistischen Taliban 2021 die Kontrolle über Afghanistan übernommen haben, schränken sie die Rechte von Frauen trotz Widerstands von unten immer weiter ein. Zwei Radiostationen, der Frauensender Radio Begum und das Radio Dschawanan für Jugendliche, sind ebenfalls von den Repressionen betroffen, dürfen laut Mitteilung des afghanischen Informations- und Kulturministeriums ihren Betrieb aber unter bestimmten Bedingungen in dieser Woche wieder aufnehmen.

Die Behörde hatte den Sendern Anfang Februar den Betrieb unter dem Vorwurf verboten, diese würden ihre Lizenzen missbrauchen und mit verbotenen ausländischen Medien zusammenarbeiten. Bei einer Razzia in den Räumen von Radio Begum hatten die Behörden nach eigenen Angaben Computer, Festplatten, Akten und Telefone konfisziert sowie zwei männliche Mitarbeiter in Gewahrsam genommen.

In einer am Samstag abend veröffentlichten Erklärung gab das Informations- und Kulturministerium laut Medienberichten bekannt, Radio Begum habe »mehrfach darum gebeten«, den Betrieb wieder aufnehmen zu dürfen. Die Aussetzung sei aufgehoben worden, nachdem der Sender sich gegenüber den Behörden verpflichtet habe, seine Beiträge »in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Journalismus und den Vorschriften des Islamischen Emirats Afghanistan« durchzuführen und jegliche Verstöße zu vermeiden. Die Radiostationen selbst waren für Stellungnahmen bisher nicht erreichbar. »Die Aufhebung des Verbots am vergangenen Sonntag ist eine gute Nachricht, auch wenn die Mitarbeiter bis heute noch nicht in ihr Büro gehen und ihre Arbeit wieder aufnehmen durften«, so eine Sprecherin der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) gegenüber jW. »Zwei der Angestellten befinden sich zudem weiterhin in Haft.«

Radio Begum ist ein von Frauen geführtes Programm mit Sitz in der afghanischen Hauptstadt Kabul, das anlässlich des internationalen feministischen Kampftages am 8. März 2021 von der afghanischen Journalistin und Unternehmerin Hamida Aman im Rahmen der Begum Organization for Women (BOW) gegründet wurde. Die Inhalte des Programms reichen von weiblicher Gesundheit, Psychologie und Lifestyle bis hin zu individueller Resilienz im wirtschaftlich gebeutelten Afghanistan. Drei Jahre später, am 8. März 2024, startete mit einer Förderung des Malala Fund (benannt nach der pakistanischen Mädchen- und Frauenrechtlerin) Begum TV, das Videokurse des Schulstoffes von der 7. bis zur 12. Klasse bietet. Denn seit die Taliban regieren, ist es Mädchen verboten, nach der 6. Klasse weiterhin zur Schule zu gehen. Auch vom Hochschulstudium sind Mädchen und junge Frauen seit Dezember 2022 ausgeschlossen. Begum TV hat seinen Sitz in Paris und war nicht vom Lizenzentzug betroffen. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von ROG belegt Afghanistan Platz 178 von 180. Journalisten schweben demnach in akuter Lebensgefahr. Die in den vergangenen Jahren entstandene »lebendige und durchaus plurale Medienlandschaft mit Dutzenden TV- und Radiosendern und nahezu 200 Printmedien« sei mehr als ungewiss.

Für Frauen und Mädchen ist die Lage unter der autoritären Anwendung einer ultrakonservativen Auslegung der Scharia besonders schlecht, etwa mit Gesetzen und verschiedenen Verboten. 2024 erließ die Regierung in Kabul das »Tugendgesetz«. Dieses schreibt Frauen vor, den gesamten Körper, einschließlich des Gesichts und der Augen, zu bedecken, das Haus nur in Begleitung eines männlichen Verwandten, des Mahram, zu verlassen sowie ihre Stimme in der Öffentlichkeit nicht zu erheben. Auch von männlichen Ärzten dürfen Frauen nur in Begleitung eines Mahram behandelt werden. Bei Verstößen drohen Geldbußen bis hin zu Prügelstrafen.

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