Trump bricht Lieferkette
Von Reinhard Lauterbach
US-Präsident Donald Trump hat die laufende Militärhilfe für die Ukraine auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Das meldeten US-Medien unter Berufung auf Beamte der Trump-Regierung am Montag abend (Ortszeit). Betroffen sind Lieferungen im Wert von etwa einer Milliarde US-Dollar, die noch Trumps Vorgänger Joe Biden bewilligt hatte. Kurzfristig werde der Lieferstopp nach dem Urteil von US-Experten an der Front nicht viel bewirken. In einigen Monaten aber könne sich der Mangel an Artilleriegranaten und Luftabwehrraketen lähmend auf die Fähigkeiten der ukrainischen Armee auswirken, zitieren mehrere US-Fernsehsender entsprechende Fachleute. Sie wiesen auch darauf hin, dass ein Abbruch der Lieferung von Zielkoordinaten oder eine Sperrung des satellitengestützten Kommunikationssystems »Star Link« von Elon Musk für die ukrainische Armee genau nicht verkündet wurden. Beides könnte die Kriegsanstrengungen Kiews wesentlich schneller lahmlegen.
In der Ukraine wurde Trumps Entscheidung bedauert. Aus dem Parlament meldeten sich Abgeordnete mit der Klage, Washington verlange eine Kapitulation gegenüber Russland. In der Präsidialadministration in Kiew hieß es, man sei weiter am Abschluss des Rohstoffabkommens mit den USA interessiert. Trump-Vize J. D. Vance sprach in einem Interview davon, dass die beste US-Sicherheitsgarantie für die Ukraine Washingtons Wirtschaftsinteressen in dem Land wären. Vorteile für die USA im Rohstoffsektor würden »mehr bewirken als 20.000 Soldaten aus irgendeinem europäischen Land«, das seit 30 oder 40 Jahren keinen Krieg mehr geführt habe, so Vance gegenüber Fox News. Das ging gegen britisch-französische Pläne zur Aufstellung einer sogenannten Friedenstruppe zur Absicherung eines eventuellen Waffenstillstands.
Die Reaktion Brüssels auf die Unterbrechung der US-Militärhilfe folgte prompt. Um in die Bresche zu springen, schlug EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag einen Plan zur Erhöhung der Rüstungsausgaben der Union vor, mit dem angeblich bis zu 800 Milliarden Euro mobilisiert werden könnten. Die »Sicherheit Europas« sei auf reale Weise bedroht, sagte von der Leyen laut dpa. »Dies ist die Stunde Europas, und wir müssen ihr gerecht werden«, erklärte sie. »Wir befinden uns in einer Ära der Aufrüstung, und Europa ist bereit, seine Verteidigungsausgaben massiv zu erhöhen.« Von der Leyens Plan sieht unter anderem einen neuen Fonds in Höhe von 150 Milliarden Euro für Waffen und »Cybersicherheit« vor. Zudem solle den Mitgliedstaaten erlaubt werden, neue Schulden für Aufrüstung aufzunehmen, ohne ein EU-Defizitverfahren befürchten zu müssen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock begrüßte laut Reuters von der Leyens Vorschläge. Auf X wertete die Grünen-Politikerin den Sonderfonds als »Quantensprung zur Stärkung unserer (der EU) Verteidigung«. Ungarn allerdings scherte erneut aus und stellte sich hinter Trump. In Moskau setzte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow die Linie seines Landes fort, sich in der Frage von Waffenstillstandsverhandlungen nicht unter Zeitdruck setzen zu lassen. Er glaube nicht, dass die Gespräche beginnen könnten, bevor die wechselseitigen diplomatischen Vertretungen ihre Arbeit wieder in vollem Umfang aufgenommen hätten, sagte er am Dienstag. Seit Oktober ist unter anderem der Posten des russischen Botschafters in Washington vakant.
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