Ein Stern fällt vom Himmel
Von Gudrun Giese
Nach Audi und Volkswagen hat nun auch der prestigeträchtige Automobilhersteller Mercedes-Benz ein »Sparprogramm« veröffentlicht. Gemeinsam mit dem Gesamtbetriebsrat einigte sich der Konzern auf viele Einzelmaßnahmen, die auf weniger Beschäftigung und schlechtere Bezahlung hinauslaufen.
Vor allem wegen des rückläufigen Absatzes von Mercedes-Benz in China verzeichnete der Autohersteller 2024 einen Gewinneinbruch. Deshalb will der Konzern jetzt mit einem Sparprogramm sowie einem Programm zur Leistungssteigerung seine Profitabilität verbessern. Bis 2027 will er die Produktions- und Fixkosten um zehn Prozent reduzieren. Außerdem sollen die Materialkosten optimiert werden. Insgesamt möchte das Stuttgarter Autohaus seine Aufwendungen in den nächsten zwei Jahren um jährlich fünf Milliarden Euro senken.
Für Mitarbeiter außerhalb der eigentlichen Produktion wurde ein Abfindungsprogramm vereinbart, wobei betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen blieben. Die betroffenen Kollegen gingen demnach »freiwillig« mit einer Abfindung nach Hause, was sich für ältere Beschäftigte mit langer Betriebszugehörigkeit durchaus rentieren würde. Finanzvorstand Harald Wilhelm hatte bei der Vorlage der Geschäftszahlen in der vergangenen Woche angekündigt, dass Teile der Verwaltung ausgelagert werden sollen. Zusätzlich wolle Mercedes verstärkt in Ländern mit niedrigeren Lohnkosten produzieren. Frei werdende Stellen sollen nicht wieder besetzt werden. Wie viele Stellen Mercedes-Benz insgesamt streichen werde, sei nicht bekannt, meldete dpa mit Verweis auf die Wirtschaftswoche. Positiv schlägt sich für die Beschäftigten zumindest nieder, dass die bestehende Vereinbarung über Beschäftigungssicherung im Zuge der jetzigen Verhandlungen zwischen Konzern und Gesamtbetriebsrat um fünf Jahre, bis Ende 2034, verlängert wurde.
Dafür müssen die 91.000 Beschäftigten in der BRD aber einige Abstriche machen: Die von der Gewerkschaft IG Metall ausgehandelten Entgelterhöhungen des Tarifabschlusses der Metall- und Elektroindustrie bekommen die Beschäftigten nur zur Hälfte. Umgesetzt werde das durch Abzüge bei der übertariflichen Zulage. Auch mit der Ergebnisbeteiligung der Mitarbeiter ist demnächst Schluss. Auf Grundlage der noch geltenden Gesamtbetriebsvereinbarung werde sie im kommenden Jahr für das Geschäftsjahr 2025 letztmalig ausgezahlt. Sie soll voraussichtlich bis zu 5.220 Euro betragen, nach 7.300 Euro in den beiden Vorjahren. Außertariflich dotierte Kräfte wie der Vorstand, leitende Führungskräfte sowie Teamleiter sollen 2025 keine Gehaltserhöhung bekommen.
Konzernchef Ola Källenius und der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ergun Lümali schworen die Belegschaft gleichermaßen auf eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ein. Mercedes-Benz habe die richtigen Produkte und Leute, aber die Konkurrenten seien »hungrig und greifen uns an«, so Källenius. Deshalb müsse Mercedes nun selbst in die Offensive gehen. Lümali stellte in einem Schreiben an die Belegschaft bei Mercedes-Benz Sindelfingen klar, dass alle ihren Beitrag leisten müssten – vom Vorstand bis zu den Beschäftigten. Es sei gut, dass die Beschäftigungssicherung verlängert worden sei. Dass es nun auch Einschnitte und Verzicht gebe, sei unvermeidbar, das brächten Effizienzprogramme mit sich.
Auch Konkurrent Audi hat vor kurzem ein vergleichbares Programm vorgestellt: Dazu gehören freiwillige Aufhebungsverträge, die Streichung frei werdender Stellen sowie die Verlagerung von Aufgaben an externe Dienstleister, berichtete Auto Motor und Sport Ende Februar. Dort blieben betriebsbedingte Kündigungen an deutschen Standorten bis 2029 ebenso ausgeschlossen.
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