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Aus: Ausgabe vom 05.03.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Protektionismus

Zoll um Zoll

US-Zusatzabgaben auf Waren aus Kanada, Mexiko, China in Kraft. Die reagieren mit Gegenzöllen, während die EU mahnt. Unternehmen verlagern Fabriken
Von Susanne Knütter
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Bald schon könnten sich die Zölle türmen wie die Container im Hafen von Halifax (3.2.2025)

Die Reaktionen auf die verschärften US-Zölle auf Waren aus Mexiko, Kanada und China waren deutlich. »Sie wollen uns hart treffen. Wir werden doppelt so hart zurückschlagen«, erklärte der Regierungschef der bevölkerungsreichsten kanadischen Provinz Ontario, Doug Ford, kurz vor Inkrafttreten am Montag. »Wenn sie Ontario vernichten wollen, werde ich alles tun, um sie daran zu hindern – auch ihnen die Energie abstellen«, so Ford. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau kündigte an, sein Land werde im Gegenzug ebenfalls Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Waren aus den USA (im Wert von 155 Milliarden kanadischen Dollar) erheben.

Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum betonte, ihre Regierung habe sich im Zollstreit mit Donald Trump auf verschiedene Szenarien vorbereitet. »Egal wie die Entscheidung ausfällt, wir haben einen Plan«, sagte sie. China verhängte im Gegenzug zusätzliche Zölle auf Agrarprodukte, die am 10. März in Kraft treten sollen. Mit zehn bis 15 Prozent sind sie allerdings nicht so hoch wie die der US-Amerikaner.

Die USA verdoppelten die bestehenden Importzölle auf chinesische Waren von zehn auf 20 Prozent. Gegen Mexiko und Kanada betragen die Abgaben jeweils 25 Prozent. Bei den für die USA wichtigen Importen von kanadischem Öl und Gas beläuft sich der Zollsatz allerdings auf nur zehn Prozent.

Auch aus der Europäischen Union kamen markige Sprüche. »Die EU lässt sich nicht herumschubsen«, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen). Wenn Trump die angekündigten Zölle auf EU-Produkte erhebe, werde man »geschlossen und selbstbewusst reagieren«. Habeck warnte vor einer Zollspirale, einem Handelskrieg, in dem es keine Gewinner gebe.

Knapp daneben. Der Logistikkonzern Kühne und Nagel etwa meldete am Dienstag, für die »neuen Realitäten bestens« aufgestellt zu sein. Die Logistikdienstleistungen seien »für unsere Kunden dann besonders wertvoll, wenn der globale Handel kompliziert ist«.

Zugleich prüfen internationale Unternehmen bereits die Verlagerung von Fabriken in die USA bzw. die Ausweitung dortiger Produktionen. Für die Vereinigten Staaten könnte sich das auszahlen. Laut einer Reuters-Liste von Ende Januar trifft das zum Beispiel auf den taiwanischen Laptophersteller Compal Electronics, den schwedischen Taschentuchproduzenten Essity sowie die südkoreanischen Konzerne Hyundai, LG Electronics und Samsung Electronics zu.

Das taiwanische Unternehmen Inventec, das KI-Server herstellt, die Nvidia-Chips verwenden, habe damit begonnen, Standorte für eine US-Investition zu evaluieren, wobei es Texas aufgrund der Nähe zu Mexiko und der Energieinfrastruktur bevorzuge.

Chrysler treibt Pläne zum Bau eines neuen mittelgroßen Pickups in Belvidere, Illinois, voran. Volkswagen erwägt die Einrichtung von Produktionsstätten in den USA für seine High-End-Marken Audi und Porsche. Schon Anfang Januar gab es Gerüchte darüber, welche Auswirkungen das etwa auf das VW-Werk in Zwickau haben könnte, wo ab 2028 ausschließlich nur noch Audi produziert werden wird.

Am Montag wurde außerdem bekannt, dass Honda die Produktion seines neuen Hybridmodells von Mexiko in die USA verlagert. Relevant könnten derartige Überlegungen auch für den Autozulieferer Continental werden, der in Mexiko allein mehr als 20 Werke betreibt. Man prüfe die Auswirkungen der US-Zölle, hieß es am Dienstag auf der Bilanzpressekonferenz.

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