Erster Stimmungstest in Honduras
Von Volker Hermsdorf
Die bevorstehende Wahl in Honduras im Herbst könnte auch das politische Gleichgewicht in Lateinamerika verschieben. Am Sonntag waren rund 5,8 der insgesamt zehn Millionen Einwohner zu Vorwahlen aufgerufen, bei denen die drei größten Parteien ihre Präsidentschaftskandidaten bestimmten. Dabei setzte sich in der linken Regierungspartei Libertad y Refundación (Libre) die derzeitige Verteidigungsministerin Rixi Moncada durch. Sie wird am 30. November gegen zwei Männer antreten. Für die Liberale Partei (PL) bewirbt sich der US-freundliche Geschäftsmann Salvador Nasralla und für die rechte Nationale Partei (PN) Nasry Asfura, der ehemalige Bürgermeister der Hauptstadt Tegucigalpa.
»Honduras hat nur zwei Möglichkeiten«, erklärte Moncada: »Die Rückkehr zur Zweiparteienherrschaft mit Nationalisten und Liberalen, zu Staatsstreichen und Diktatur mit der Unterstützung obskurer Militärs, oder die Fortsetzung des Projekts der Neugründung, das Präsidentin Xiomara Castro begonnen hat.« Nach der vorläufigen offiziellen Auszählung erhielt sie mehr als 92 Prozent der Stimmen als Kandidatin ihrer Partei. »Ich übernehme die Verpflichtung, den Prozess der Umgestaltung des Landes fortzusetzen«, versprach sie. Die Juristin und ehemalige Arbeitsministerin unter dem 2009 bei einem von Washington unterstützten Militärputsch gestürzten linken Präsidenten Manuel Zelaya hat gute Chancen, die Nachfolge der amtierenden Staatschefin anzutreten. »Eine Frau wird die Präsidentenschärpe an eine andere Frau übergeben«, gab sich Castro optimistisch. Zelayas Ehefrau war im November 2021 mit absoluter Mehrheit als erste Frau an die Spitze des Landes gewählt worden. Sie ist außerdem seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1982 das erste Staatsoberhaupt, das nicht einer der beiden etablierten Parteien angehört.
Deren von den wirtschaftlichen Eliten und den USA unterstützte Kandidaten hoffen allerdings auf ihre Rückkehr an die Macht. Die besten Aussichten dafür hat der rechtskonservative Asfura, der in der PN über 75 Prozent Zustimmung erhielt. Nasralla, der im August 2023 von seinem Amt zurückgetretene ehemalige Vizepräsident unter Castro, erhielt innerhalb der Liberalen Partei etwa 60 Prozent der Stimmen. »Wir haben gewonnen, und das ist der erste Schritt für unser Land, sich ein für alle Mal zu verändern«, verkündete er nach den Vorwahlen euphorisch. In der PN war der Jubel verhaltener. »Der erste Schnitt war überwältigend. Aber es ist ein erster Schnitt, wir wollen sehr vorsichtig sein«, so Parteisprecher Juan Diego. Für das alternative Portal Resumen Latinoamericano hängt der Ausgang weitgehend von der Fähigkeit der Regierung ab, den Druck von außen abzuwehren, »unterstützt von der Kraft des Volkes, die von der breiten Widerstandsbewegung aufgebaut wurde, die sie angesichts der immer neuen Interventionen und Destabilisierungsstrategien des angloamerikanischen Imperialismus an die Macht gebracht hat«.
Die Vorwahlergebnisse beeinflussen auch die Strategien und Allianzen der Parteien im Vorfeld der allgemeinen Wahlen. Den Bürgern sollen sie – zumindest theoretisch – eine Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Auswahl der Bewerber geben. Am Sonntag ging es dabei neben der Bestätigung von Kandidaten für die Ämter des Präsidenten und der drei Vizepräsidenten um 128 Abgeordnete des Nationalkongresses, 298 Vertreter in kommunalen Körperschaften sowie 20 für das Zentralamerikanische Parlament. Nachdem die Vorwahlen von organisatorischen Problemen geprägt waren, einige Wahllokale erst am Nachmittag öffneten und Tausende Berechtigte ihre Stimme erst am Montag abgeben konnten, leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen ein, um die Ursachen für die Verzögerungen zu klären.
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