Rumänischer Wahlsieger gestoppt
Von Fabio Nacci
Der nächste Angriff auf antimilitaristische Positionen innerhalb der rumänischen Bevölkerung: Der Gewinner der annullierten ersten Runde der rumänischen Präsidentschaftswahlen, Călin Georgescu, wurde am Sonntag abend von den neu angesetzten Wahlen im Mai ausgeschlossen. Die Exklusion des nationalistischen Politikers in der semipräsidentiellen Republik offenbart die ganze Ambivalenz der europäischen Demokratien und führte zu spontanen Protesten: Wenige Stunden nach der Bekanntgabe der Entscheidung der Zentralen Wahlbehörde (BEC) versammelten sich Tausende Anhänger Georgescus vor der Wahlbehörde in Bukarest. Die Polizei reagierte mit Gewalt, drängte die Demonstranten in die Absperrungen und setzte Tränengas ein, wie verschiedene Videoaufnahmen zeigen.
Der Vorwand, die Wahl des NATO-kritischen Georgescu im November 2024 zu annullieren, war angebliche russische Einflussnahme in Form einer Tik-Tok-Kampagne. Es stellte sich jedoch heraus, dass diese mutmaßlich von der Regierungspartei PNL finanziert worden war. Demnach hatte sie den Geheimdienst eingesetzt, um eine für sie schlecht laufende Wahl mit Hilfe von inszenierten und von ihr bezahlten Beweisen einer »ausländischen Einmischung« abzublasen. Das ging aus einem Bericht des unabhängigen rumänischen Magazins Snoop hervor.
Vertreter der Regierungspartei in der Kommission des BEC hatten die Entscheidung getroffen. Gegen den Ausschluss stimmten hingegen nicht nur die Vertreter der Oppositionsparteien, sondern auch die liberale Union Rettet Rumänien (USR), die die Regierung des Sozialdemokraten Marcel Ciolacu im Parlament stützt. Die Vorsitzende der USR, Elena Lasconi, die bei den vorherigen Wahlen am 6. Dezember gegen Georgescu angetreten war, begründete ihr Votum damit, dass »es keine juristische Grundlage gibt, diese Kandidatur abzulehnen«. Die Aufgabe des BEC bestehe lediglich darin, »die Formalitäten und die Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen für die Kandidaturen zu überprüfen«. Wenige Stunden später erklärte die Wahlbehörde in einer Mitteilung ihre Beweggründe und hielt es für »unzulässig, dass dieselbe Person (die bereits ausgeschlossen wurde, jW) nach Wiederaufnahme des Wahlprozesses als wählbar für das Amt des Präsidenten Rumäniens angesehen wird«. Da die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Georgescu, die Ende Februar wegen mutmaßlicher Komplizenschaft mit neofaschistischen Organisationen eingeleitet wurden, noch nicht zu einem Prozess geführt haben, konnten keine rechtlichen Gründe für seine Disqualifikation herangezogen werden.
Die Parteilichkeit, mit der die Präsidentenpartei PNL in den Wahlverlauf eingriff, hat Georgescu letztlich noch populärer gemacht und ihn in den nationalen Umfragen mit über 40 Prozent an die Spitze katapultiert. Falls sein Einspruch vor dem Verfassungsgericht an diesem Mittwoch wider Erwarten Erfolg haben sollte, gäbe es noch andere Maßnahmen für seinen Ausschluss: Laut rumänischen Medienberichten könnte die Regierung in Bukarest innerhalb der nächsten zwei Wochen – noch vor Beginn des Präsidentschaftswahlkampfes – eine Notverordnung erlassen, die es den Behörden erlauben würde, Inhalte, die als »Fake News« oder »Bedrohung der nationalen Sicherheit« eingestuft werden, zu verbieten. Medien und zivilgesellschaftliche Organisationen warnen davor, dass ein solches Gesetz die Meinungsfreiheit aller Bürger gefährden könnte.
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