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Aus: Ausgabe vom 12.03.2025, Seite 2 / Ausland
Integration in den Staat

Neue Allianz in Syrien

HTS-Regierung schließt Abkommen mit kurdischen Kräften
Von Wiebke Diehl
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Pragmatischer Schritt: Einigung zwischen dem SDF-Kommandanten Abdi und HTS-Chef Scharaa (Damaskus, 10.3.2025)

Alle »zivilen und militärischen Institutionen im Nordosten Syriens« sollen in die »Verwaltung des syrischen Staates integriert werden, einschließlich der Grenzübergänge, des Flughafens sowie der Öl- und Gasfelder«. So sieht es ein am Montag abend bekanntgewordenes Abkommen zwischen den kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF), die aktuell 30 Prozent des syrischen Territoriums kontrollieren, und der demokratisch nicht legitimierten, von der Miliz Haiat Tahrir Al-Scham (HTS) angeführten Übergangsregierung in Damaskus vor.

Enthalten im Abkommen ist zudem eine Anerkennung der syrischen Kurden als »integraler Bestandteil des syrischen Staates«. Während als Ziel die Schaffung eines Waffenstillstands in ganz Syrien festgeschrieben wird, sollen die SDF zunächst Damaskus im »Kampf gegen Überreste des Assad-Regimes« unterstützen. Unter diesem Vorwand haben HTS-Milizen am Wochenende Hunderte alawitische Zivilisten massakriert.

Dass seit 2015 die für die Versorgung der Bevölkerung elementare »Kornkammer« und die Ölfelder Syriens unter Kontrolle der SDF und US-amerikanischer Besatzungssoldaten stehen, die syrisches Öl und syrischen Weizen außer Landes bringen, hat erheblich zur Schwächung der Regierung Baschar Al-Assads und so auch zu ihrem Sturz beigetragen. Auch zur israelischen Regierung unterhalten die SDF gute Kontakte. Vergangene Woche befand ihr Anführer Mazlum Abdi im BBC-Interview, »die Unterstützung von jedem«, explizit auch von Israel, sei willkommen, um die eigenen »Errungenschaften zu schützen«.

Israel, das inzwischen neun Militärbasen in Syrien unterhält und 30 Prozent der Wasserversorgung des Landes kontrolliert, instrumentalisiert regelmäßig den »Schutz« syrischer Minderheiten. Anfang vergangener Woche wies Premier Benjamin Netanjahu gar die Armee an, sich für die »Verteidigung« der mehrheitlich von Drusen bewohnten Stadt Dscharamana, die nur zehn Kilometer von Damaskus entfernt liegt, bereitzuhalten. Anfang Januar diskutierte das israelische Kabinett, Syrien entlang ethnisch-religiöser Linien in Kantone aufzuteilen.

In der Nacht auf Dienstag griff die israelische Armee, die seit Dezember in Hunderten Angriffen fast alle militärischen Einrichtungen und Waffenarsenale Syriens zerstört hat, erneut Ziele im Süden des Landes an.

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