Justiz vs. Trump
Von Detlef Georgia Schulze
Elon Musk beansprucht im Dienst von US-Präsident Donald Trump, der »Bürokratie« in den Vereinigten Staaten mit der Kettensäge zu Leibe zu rücken. Opfer sind unter anderem die Beschäftigten im öffentlichen Dienst auf Unionsebene, die sich noch in der Probezeit befinden.
Am 20. Januar – also am ersten Amtstag der neuen US-Administration – hatte der von Trump ernannte amtierende Direktor des Office of Personnel Management (OPM), Charles Ezell, ein Rundschreiben an Ministerien und Behörden mit der Aufforderung gesandt, bis zum 24. Januar festzustellen, welche Beschäftigten in Probezeit es bei ihnen gibt, und zu entscheiden, ob sie weiterbeschäftigt werden sollen. Das OPM ist zuständig für das Personalmanagement der US-Bundesbehörden. Laut Medienberichten sollte eine Weiterbeschäftigungsabsicht begründet, für diese aber nicht mehr als 200 Zeichen verwendet werden. Am 13. Februar folgte eine E-Mail mit der Aufforderung, bis zum Mittag des 17. Februar alle dieser Beschäftigten zu entlassen, die nicht unbedingt benötigt werden. Bis zum 20. Februar waren dann mehr als 20.000 Entlassungen öffentlich bekanntgeworden; insgesamt gab es aber per September 2024 mehr als 200.000 Beschäftigte, die weniger als ein Jahr und etwas mehr als 300.000, die bisher ein bis zwei Jahre angestellt sind.
Bereits am 19. Februar hatten der US-Gewerkschaftsbund AFL-CIO und Untergliederungen eine Klage in Kalifornien eingereicht. Zu den Gewerkschaften kamen drei Tage später fünf NGOs als Klägerinnen hinzu. Dies erwies sich vorläufig als entscheidend, denn Ende Februar entschied das angerufene Gericht, der District Court für den Northern District of California, dass es vermutlich nicht zuständig sei, da für Gewerkschaften und Beschäftigte ein anderer Rechtsweg zur Verfügung stehe. In diesem Sinne hatten zuvor bereits andere Gerichte entschieden. Zugunsten der verbleibenden NGOs entschied das Gericht, dass die fraglichen Bemühungen des OPM die Entlassung von Mitarbeitern des National Park Service, des Bureau of Land Management, der Veterans’ Administration, des Department of Defense, der Small Business Administration sowie des Fish and Wildlife Service anzuordnen, rechtswidrig und nichtig seien. Diese müssten gestoppt und rückgängig gemacht werden, da das OPM ausschließlich die Personalhoheit über seine eigenen Beschäftigten habe, aber nicht über die von anderen Behörden und Ministerien. Dies betraf aber ausschließlich die Bemühungen des OPM, Entlassungen zu erwirken, nicht die schließlich von Ministerien und Behörden ausgesprochenen Entlassungen; das Gericht hatte also nicht entschieden, dass die Beschäftigten (zunächst einmal) wieder eingestellt werden müssten.
An diesem Donnerstag wird in dem Verfahren eine weitere mündliche Verhandlung stattfinden – und zwar entgegen kurzfristig eingebrachter Einwände der Regierung am Montag. Die Klägerinnen haben mit ihrem Schriftsatz – neben dem OPM – weitere Behörden(leitungen) und Ministerien als Beklagte hinzugefügt und wollen nun vom Gericht unter anderem noch ausgesprochen wissen, dass die von den Behörden verfügten Entlassungen ungesetzlich sind.
Die Regierung ist demgegenüber der Ansicht, dass der Rechtsstreit nicht mehr weitergeführt und schon gar nicht ausgeweitet werden könne, da das OPM die gerichtliche Anordnung des District Court befolgt habe. Die Klägerinnen sind jedoch der Ansicht, dass die Regierung noch nicht bewiesen habe, dass es zu keinen Entlassungen auf Anweisung des OPM gekommen sei (bzw. dass sie rückgängig gemacht wurden) und es zu solchen nicht mehr komme – der Rechtsstreit also noch nicht erledigt sei. Letzterer Auffassung hatte sich das Gericht angeschlossen und das Verfahren zugelassen. Die mündliche Verhandlung am Donnerstag wird also stattfinden.
Schon jetzt steht allerdings fest, dass die Entlassung von Beschäftigten in der Probezeit nicht der einzige von der Trump-Regierung betriebene Personalabbau im öffentlichen Dienst der USA ist. Zum einen steht die Schließung ganzer Behörden im Raum, und zum anderen hatten im Februar 77.000 Beschäftigte – gegen vage Versprechen einer Gehaltsfortzahlung bis September – ihre Kündigung eingereicht. Zu den Bedingungen gehörte aber auch, dass die bisherige Home-Office-Regelung abgeschafft würde, dass es später zu staatsseitigen Kündigungen (ohne Gehaltsfortzahlung) kommen könne, und dass die Beschäftigten »reliable« (verlässlich) seien und sich »loyal« gegenüber der neuen Regierung verhielten.
Hintergrund: Umkämpfte Staatsbürgerschaft
Bisher erhielten nahezu alle auf US-Territorium geborenen Kinder automatisch die US-Staatsangehörigkeit – die einzigen Ausnahmen waren Kinder von Diplomaten, die auf ausländischen Schiffen in US-Hoheitsgewässern geboren wurden, sowie Kinder von Soldaten hypothetischer Besatzungsarmeen auf US-Boden. Bis 1924 gab es eine vierte Ausnahme: Kinder von Native Americans, die nicht der Steuerpflicht unterlagen.
Die Staatsangehörigkeit qua Geburt wird in Absatz 1, Satz 1 des XIV. Zusatzes zur US-Verfassung geregelt. Dieser bestimmt: »Alle Personen, die in den Vereinigten Staaten geboren (…) sind und subject to the jurisdiction (der Vereinigten Staaten) sind, sind Bürger der Vereinigten Staaten und des Einzelstaates, in dem sie ihren Wohnsitz haben.« Bisher wurde »subject to the jurisdiction thereof« so ausgelegt, dass es dafür auf den Aufenthaltsstatus der Eltern nicht ankommt. US-Präsident Donald Trump möchte nun durch bloße Exekutivverordnung – also ohne Verfassungsänderung – Kinder von Eltern ohne dauerhaften, legalen Aufenthaltsstatus von der Staatsangehörigkeit qua Geburt ausschließen. Wegen Trumps Verordnung sind mindestens acht Gerichtsverfahren anhängig.
Bisher haben vier District Courts (New Hampshire, Maryland, Massachusetts sowie der Western District des Bundesstaates Washington) in bezug auf sechs Klagegruppen entschieden, dass die Verordnung wahrscheinlich verfassungswidrig ist und sie daher vorläufig außer Vollzug gesetzt. Mindestens zwei weitere District-Court-Entscheidungen stehen noch aus (Northern District of California sowie District of Columbia).
Schon vor einiger Zeit war die Trump-Regierung vor dem Rechtsmittelgericht (Appeals Court) für den 9. sowie den 4. Gerichtskreis, die unter anderem für die Bundesstaaten Washington und Maryland zuständig sind, mit dem Versuch gescheitert, die erstinstanzlichen Eilentscheidungen außer Vollzug zu setzen. Am Dienstag entschied nun auch der Appeals Court für den 1. Gerichtskreis, dass die Eilentscheidung des untergeordneten District Court (dort: Massachusetts) zunächst einmal in Kraft bleibt. Vermeintlich gute Erfolgsaussichten hinsichtlich der zu verhandelnden Hauptsache hatte die Trump-Regierung hier erst gar nicht geltend gemacht; aber auch von ihren tatsächlich vorgebrachten Gründen (u. a. zur vermeintlich fehlenden Befugnis der klagenden Bundesstaaten dazu in bezug auf die Staatsangehörigkeitsregelung) gelang es der Regierung nicht, den Appeals Court zu überzeugen. (Dgsch)
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