IWF-Kontrolleure in Pakistan
Von Thomas Berger
Vergangenen Freitag endete die Reise einer Delegation des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Pakistan. Sie hat Daten für eine erste Zwischenbilanz der Kreditvergabe gesammelt. Sieben Milliarden Dollar sind geplant, eine Milliarde wurde bislang bewilligt. Kommt der IWF zu einem zufriedenstellenden Ergebnis, dürfte Pakistan in den kommenden Monaten die zweite Rate über nochmals etwa eine Milliarde Dollar winken.
Regierungsvertreter zeigten sich zum Auftakt der etwa zweiwöchigen Visite hoffnungsvoll. Noch vor dem Eintreffen der Delegation teilte Finanzminister Muhammad Aurangzeb mit, dass Pakistan zwar mehrere zentrale Vorgaben des IWF verfehlt habe, diese Defizite aber durch positive Entwicklungen an anderen Stellen ausgleichen könne.
Aktuell ist die Finanzlage Pakistans allerdings schlecht. Im laufenden Haushalt, der vergangenen Juni beschlossen wurde, klafft eine Lücke von 600 Milliarden Pakistanischen Rupien (2,15 Milliarden US-Dollar). Die Ausgaben sind demnach nicht durch Steuereinnahmen gedeckt. Insgesamt, so die Zeitung Express Tribune, lägen die Staatseinnahmen sogar knapp eine Billion Rupien unter den einst veranschlagten Werten. Grund dafür sei unter anderem das lahmende Wirtschaftswachstum. Durch offene Gerichtsverfahren könnte das Minus aber final deutlich geringer ausfallen, sei gegenüber der IWF-Delegation betont worden.
Der IWF bereist und untersucht nicht nur das Finanzministerium. Weitere Treffen mit der Zentralbank, der Steuerbehörde, dem Energieministerium, der Planungskommission und den staatlichen Aufsichtsbehörden für den Öl- und Gas- sowie für den Stromsektor seien vorgesehen, listete die Tageszeitung The Nation auf. Der Geldgeber werde sich mit Aurangzebs Verlautbarung, »gut gerüstet« zu sein, nicht zufriedengeben, sondern alle Zahlen genau unter die Lupe nehmen, schreibt das Blatt.
Dass einiges bei näherer Betrachtung doch nicht so rosig aussieht, gestand auch Aurangzebs Chef, Premier Shehbaz Sharif, ein. Vergangene Woche hat ein Sondertreffen des Kabinetts stattgefunden, bei dem das erste Regierungsjahr seit der Wahl am 8. Februar 2024 bilanziert wurde. Auf Sharifs Regierung lastet eine gewisse Bringschuld, da die Wahlen als singulär stärkste Kraft die oppositionelle Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) des inhaftierten Expremiers Imran Khan gewonnen hatte.
Sharif kam nicht umhin, auf die maroden Staatsbetriebe zu verweisen: Zusammengerechnet 850 Milliarden Rupien (3,05 Milliarden Dollar) Verlust hätten diese im vorigen Haushaltsjahr 2023/24 eingefahren. »Ein Fass ohne Boden«, resümierte das Staatsoberhaupt bei dieser Gelegenheit. Denn auch diese Zahl ist nur ein Teil der ganzen Wahrheit. Insgesamt würde die öffentliche Hand unter einer Schuldenlast von 9,2 Billionen Rupien ächzen, was etwa der gesamten Höhe der jährlichen Steuereinnahmen entspräche, zitierte die Nachrichtenagentur APP aus der Rede des Premiers vor der versammelten Ministerschar.
Wenig überraschend gehören zu den mit dem IWF vereinbarten Auflagen mehrere Privatisierungen. Ob sich Pakistan bei weiteren Firmen aus eigener Entscheidung zurückzieht, bleibt indes vorerst abzuwarten. Denn für das Wahlvolk könnte sich dadurch vieles verteuern. Dagegen hat dann auch das neue Sozialprogramm wenig auszurichten. Den vier Millionen ärmsten Familien soll mit jeweils 5.000 Rupien (knapp 18 Dollar) unter die Arme gegriffen werden – auch ohne Privatisierung der Staatsbetriebe ein Tropfen auf dem heißen Stein. Viele andere in der zweitgrößten Nation Südasiens, die fast 240 Millionen Einwohner zählt, stehen in nackten Zahlen nur geringfügig besser da, kommen trotzdem kaum über die Runden.
Zu den Hoffnungszeichen gehört, dass Pakistan im Januar in seiner Leistungsbilanz das höchste Halbjahresplus in den vergangenen 15 Jahren verzeichnen konnte. Außerdem hat es inzwischen Devisenreserven im Wert von rund zwölf Milliarden Dollar angehäuft. Bis Mitte März werde eine Sonderkommission der Regierung ein Konzept für nachhaltiges Wirtschaftswachstum vorstellen, meldete Arab News Pakistan. Bericht und Entscheidung des IWF dürften laut einer IWF-Sprecherin noch einige Zeit auf sich warten lassen.
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