Dein roter Faden in wirren Zeiten
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13.03.2025, 16:33:48 / Inland

Bärendienst für Klimaschutz

Grüne Vorfeldorganisation Campact protestiert mit Umweltschützern vor CDU-Zentrale - deren Rüstungskurs kritisieren sie nicht
Von Wolfgang Pomrehn
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Aktivisten von Greenpeace demonstrierten bereits am Montag vor dem Konrad-Adenauer-Haus. Auf jW-Anfrage kritisierte die Organisation die Rüstungsvorhaben der Regierung

Eine Billion Euro wollen Union und SPD für Rüstung und Infrastruktur locker machen. Umweltverbände monieren aber vor allem, dass zu wenig für Klimaschutz dabei rumkommt. Am Donnerstag nachmittag hatten sie daher zu einer Protestkundgebung vor dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin, der Bundeszentrale der CDU, aufgerufen. Der Text, mit dem die Kampagnenorganisation Campact für die Veranstaltung wirbt, lässt aufhorchen: »Es darf nicht nur um Rüstungsausgaben gehen, auch Klimaschutz muss auf die Agenda:« Richtig gelesen: Campact findet es ganz in Ordnung, dass ein gewaltiges Rüstungsprogramm auf der Agenda steht, hätte halt nur gerne noch ein bisschen Klimaschutz dazu.

Auf jW-Nachfrage wird dies ausdrücklich bestätigt und auf einen Aufruf zu einer Aktion am vergangenen Sonntag verwiesen. Auf dieser hatte Campact am Sonntag in Berlin gemeinsam mit SPD, CDU, Grünen und der evangelischen Kirche »Für unser aller Freiheit und Sicherheit« demonstriert. Im Aufruf dazu hieß es: »Nicht nur Verteidigungsausgaben, sondern auch Investitionen in unsere Unabhängigkeit müssen von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Für eine Reform sind jetzt Union, SPD, Grüne und Linke gefragt, gemeinsam Verantwortung zu tragen.«

Ein starkes Europa müsse geschaffen und die neue Bundesregierung »Schritte hin zu einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik gehen«. Das sind erstaunliche Worte für eine Organisation, deren Macher aus der globalisierungskritischen Bewegung der Jahrtausendwende stammen und sich einst an den Kampagnen gegen die sogenannte EU-Verfassung beteiligt hatten. Lang vorbei scheinen die Zeiten, in denen Campact Massendemonstrationen gegen Freihandelsabkommen organisierte, mit denen die EU die Länder des Südens ausplündert.

Mitveranstalter der Kundgebung am Donnerstag sollten Fridays for Future, der Bund für Umwelt und Naturschutz BUND sowie Greenpeace sein. Außer letztgenannter antwortete keine der Organisationen auf entsprechende Anfragen, auch nicht auf mehrfache. Von Greenpeace kam zwar keine Erklärung, weshalb man gemeinsam mit Aufrüstungsfans auf die Straße geht, lieferte aber eine deutliche Distanzierung von der Unterstützung der Militarisierungspläne. »Greenpeace lehnt die Reform der Schuldenbremse zur Erhöhung der Militärausgaben ab. Die kombinierten Verteidigungsausgaben der europäischen NATO-Staaten betrugen im Jahr 2024 430 Milliarden US-Dollar«, so eine Greenpeace-Sprecherin gegenüber dieser Zeitung. Und weiter: »Den Wehretat mit einem abgewählten Bundestag von jeglichen Regeln der Schuldenbremse entbinden zu wollen, kommt einem fragwürdigen Blankoscheck gleich.«

Der ganze Vorgang macht erneut deutlich, wie nachhaltig weite Teile des grünen Milieus inzwischen von der Militarisierungshysterie erfasst sind. Dass Organisationen wie Campact und viele andere von der Union dennoch längst ins Fadenkreuz genommen wurden, scheint dabei ebenso wenig aufzufallen, wie die Tatsache, dass Klimaschutz und Klimabewegung mit derartigen Aktionen ein Bärendienst geleistet wird.

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