Faschisten für Israel
Von Jakob Reimann
Schäbiger kann der »Kampf gegen Antisemitismus« kaum instrumentalisiert werden: Nächste Woche lädt die israelische Regierung zur »International Conference on Combating Antisemitism« (Internationale Konferenz zum Kampf gegen Antisemitismus) nach Jerusalem, und die Gästeliste liest sich wie das Who’s who der globalen extremen Rechten. Neben Benjamin Netanjahu finden sich dort unter anderem der Vorsitzende des extrem rechten Rassemblement National (RN) aus Frankreich, Jordan Bardella, Argentiniens Präsident Javier Milei, EU-Abgeordnete von der spanischen Vox-Partei, den Schwedendemokraten und von der ungarischen Fidesz sowie weitere internationale Stimmen der teils extremen Rechten aus Medien, Kultur, Politik und Militär. Auch aus den thematischen Ankündigungen lässt sich schließen, dass es hier nicht um Hass und Gewalt gegen jüdisches Leben seitens der weltweit vernetzten Neonazis geht, sondern die Linke ins Visier genommen wird: »Wie der Progressivismus in die Gefangenschaft des Antisemitismus geriet«, so der Titel eines Panels.
Dass es auch vordergründig um den Kampf gegen Palästinenser und um Geopolitik geht, macht bereits der erste Programmpunkt deutlich, bei dem die Teilnehmenden zwischen zwei »Touren« wählen können: Entweder geht es »auf eine bemerkenswerte Reise« in den Norden des besetzten Westjordanlands, um dort »ein umfassendes Verständnis für die strategische Bedeutung der Region zu gewinnen«. Oder man reist in die israelischen Gemeinden rund um Gaza, um dort unter anderem »einen Einblick in die Verwüstung« zu erhalten. Beim Hauptevent am Folgetag hält der Diasporaminister Amichai Chikli die Eröffnungsrede. Im Mai 2023 verteidigte Chikli, dessen Amtsbezeichnung auch den »Kampf gegen Antisemitismus« beinhaltet, Elon Musk für dessen antisemitisch konnotierte Tweets gegen den US-Milliardär George Soros. Es folgt die Keynote von Benjamin Netanjahu und in mehreren Reden und Panels erhalten auch drei weitere israelische Minister die Möglichkeit, ihr Kabinett vor Kritik zu immunisieren.
Einige deutsche Gäste werden doch nicht kommen. »Deutschlands Antisemitismuszar sagt Teilnahme an Israels Konferenz zur ›Antisemitismusbekämpfung‹ wegen rechtsextremer Gäste aus Europa ab«, titelte die israelische Zeitung Haaretz und meinte damit Felix Klein, den »Antisemitismusbeauftragten« der Bundesregierung. Klein »wusste nichts von den anderen Teilnehmern, als er die Einladung annahm«, erklärte dessen Büro gegenüber Haaretz. Mit seinen jüngsten Äußerungen, laut denen er den Plänen des US-Präsidenten Trump, den Gazastreifen vollständig ethnisch zu säubern, positiv gegenüberstehe, wäre Klein auf der Konferenz gewiss wohlwollend aufgenommen worden.
Die Ankündigung, dass der ehemalige CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet als Redner auftreten wird, wurde stillschweigend von der Website der Konferenz entfernt. Der rechte Lobbyist Volker Beck sagte via X seine Teilnahme ab. »Wenn wir uns mit rechtsextremen Kräften zusammentun, diskreditieren wir unsere gemeinsame Sache«, begründet der Vorsitzende der »Deutsch-Israelischen Gesellschaft« seinen Schritt. Es ist fraglich, ob Beck, der sich kategorisch an die Seite »rechtsextremer Kräfte« in Israel stellt, die Ironie in seinem Tweet erkennt.
Auch der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy, der beim Eröffnungsdinner der Konferenz die Hauptrede halten sollte, bleibt wegen der Teilnahme des RN-Vorsitzenden Bardella zu Hause. Lévy machte keinen Hehl daraus, dass es hier um Israel, nicht um Antisemitismus geht: »Ich werde in den kommenden Wochen und Monaten viele Gelegenheiten haben, meine Solidarität mit Israel zu zeigen, wie ich es seit Oktober getan habe«, verkündete er laut Le Monde gegenüber dem israelischen Staatspräsidenten Isaac Herzog. Er wolle und werde sich zwar mit den Rechtsextremen in der Netanjahu-Regierung solidarisieren, nur eben nicht, wenn andere Rechtsextreme im Raum sind.
Angesichts von Gastgeber, Gästen und diskutierten Themen ist der Verdacht offenbar: Bei der Konferenz geht es nicht um die Bekämpfung von Antisemitismus, sondern um die Verteidigung eines Regimes, dem Apartheid, Völkermord und schwerste Kriegsverbrechen vorgeworfen werden. Wer auf dieser Konferenz spricht, macht sich zum politischen Instrument dieses Regimes. Es sollte keiner Erwähnung bedürfen: Antisemitismus lässt sich nicht im Schulterschluss mit reaktionären Kräften bekämpfen, sondern nur mit einem konsequenten Antifaschismus.
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