Botschaft der Stärke
Zigfach wurde sie von ihrem Mann und Fremden vergewaltigt, über Monate stand sie vor Gericht ihren Peinigern gegenüber: Nun ergreift die Französin Gisèle Pelicot ausführlich selbst das Wort. Ende Januar 2026 sollen ihre Memoiren »Eine Hymne auf das Leben« beim Piper-Verlag auf deutsch erscheinen – gleichzeitig mit der französischen Originalversion. »Mit diesem Buch hoffe ich, eine Botschaft der Stärke und des Mutes an alle zu senden, die schwierige Prüfungen durchleben«, zitierte der Verlag die 72jährige. »Mögen sie niemals Scham empfinden. Und mögen sie mit der Zeit lernen, das Leben wieder zu genießen und Frieden zu finden.« Pelicot wolle ihre Geschichte nun mit ihren eigenen Worten erzählen. Über einen Zeitraum von fast zehn Jahren hatte Pelicots damaliger Mann Dominique sie immer wieder mit Medikamenten betäubt, missbraucht und Dutzenden Fremden zur Vergewaltigung angeboten. Ein Gericht verurteilte ihn im Dezember wegen schwerer Vergewaltigung zu 20 Jahren Haft. Neben ihm standen 50 weitere Männer vor Gericht, zumeist ebenfalls wegen schwerer Vergewaltigung. Das Gericht verhängte für sie Strafen zwischen drei und 15 Jahren Haft. Einige der Männer gingen in Berufung. Ihre Fälle sollen im Herbst neu aufgerollt werden. Gisèle Pelicot, die davon ausgeht, etwa 200mal vergewaltigt worden zu sein, wurde durch ihr entschiedenes Auftreten in dem Prozess in Frankreich zur feministischen Ikone. Sie hatte entschieden, das Verfahren nicht hinter verschlossenen Türen führen zu wollen, auch um anderen Opfern sexualisierter Gewalt Mut zu machen. Sie wolle, dass diese keine Schande verspürten. Piper-Verlegerin Felicitas von Lovenberg sagte: »Gisèle Pelicots unerschrockener und würdevoller Umgang mit den Verbrechen, die ihr angetan wurden, hat sie weltweit zu einer Ikone gemacht, über die viel gesprochen und geschrieben wurde. In ihrem Buch wird sie nun erstmals selbst ausführlich zu Wort kommen.« (dpa/jW)
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