Bye-bye, Friedenspartei
Von Arnold Schölzel
Der Bundesrat machte am Freitag den Weg für Kriegskredite in Billionenhöhe frei. Wie am Dienstag im Bundestag kam auch in der Länderkammer die nötige Zweidrittelmehrheit für die Grundgesetzänderung zustande. 46 Stimmen von 59 wären notwendig gewesen, die Gesetze wurden aber mit 53 Jastimmen verabschiedet. Auch Bremen und Mecklenburg-Vorpommern, in denen die Linke an der Landesregierung beteiligt ist, stimmten mit Ja. Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt, wo die FDP Regierungspartner ist, enthielten sich. Enthaltungen gab es auch von Brandenburg und Thüringen, wo das BSW mitregiert. Enthaltungen gelten im Bundesrat wie ein Nein. Das Gesetz muss noch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf sein verfassungsgemäßes Zustandekommen geprüft und unterschrieben werden.
Am Freitag stimmte der Haushaltsausschuss des Bundestages zudem der Finanzierung zusätzlicher Militärhilfe für die Ukraine zu. In diesem Jahr wird Deutschland demnach zunächst drei Milliarden Euro zur Verfügung stellen, außerdem bis zu 8,3 Milliarden Euro für 2026 bis 2029.
Im Bundesrat bekannte sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) zwar ausdrücklich zur Schuldenbremse, rechtfertigte deren Aufweichen aber mit der sich dramatisch ändernden Weltlage: »Es geht um nicht weniger als die Selbstbehauptung Europas – sicherheitspolitisch, wirtschaftlich und technologisch.« Und um »unsere Werte von Frieden, Freiheit und Demokratie«. Kretschmann bedankte sich ausdrücklich bei der Bundestagsfraktion seiner Partei dafür, »dass sie das Finanzpaket wesentlich besser gemacht hat«.
Von »historischen Zeiten«, die »historische Maßnahmen« erfordern, sprach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Er bezeichnete die Gesetzesvorhaben als »deutschen Marshallplan« und erklärte in Trump-Rhetorik: »Deutschland ist zurück.« Mit der Grundgesetzänderung schaffe man die Möglichkeit, »einen Schutzschirm aufzuspannen«. Dies sei allerdings nur eine erste Etappe: »Sie muss einhergehen mit investieren, konsolidieren und reformieren.« Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) verlangte, »Wachstumsbremsen« zu lösen, damit sich die enormen Summen am Ende »nicht nur in steigenden Preisen oder sogar einer zusätzlichen Inflation auswirken«. Die so offen geplante Abwälzung der Rüstungslasten auf die Bevölkerung spielte bei anderen Rednern nur eine untergeordnete Rolle. So forderte Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) lediglich, die nötigen Ausführungsgesetze zügig zu beschließen und dabei immer auch auf die Umsetzungsfähigkeit und den Aufwand zu achten.
Die Zustimmung Bremens hatte der Weserkurier bereits am Dienstag unter Berufung auf »Signale« aus dem dortigen Landesverband der Linkspartei für gesichert erklärt. Andere Teile der Partei hatten in Reaktion auf die Ankündigung einen offenen Brief unter dem Titel »Sage nein« veröffentlicht – offenbar ohne Erfolg. Die Linke-EU-Abgeordnete Özlem Alev Demirel kommentierte auf X das Verhalten der Linken in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern mit den Worten: »Dass Bundesländer mit Linke-Beteiligung im Bundesrat ihre Zustimmung für das Merz-Schulden- und -Aufrüstungspaket nicht verweigern, ist ein historisches Versagen!«
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