Für einen Kurs braucht es Maßnahmen
Von Wolfgang Pomrehn
Die Klimaziele für 2030 könnten mit dem gegenwärtigen Kurs erreicht werden, erklärte das Umweltbundesamt am 14. März. Doch dieser Kurs ist unter Beschuss. Die Vorstände der Autobranche stellen das Aus für Benzin- und Dieselmotoren in Frage, und die Unionsparteien möchten am liebsten das Gebäudeheizungsgesetz wieder kippen. So wird es demnächst von den Umweltverbänden vermutlich schon als großer Erfolg verkauft werden, wenn die bisherige Klimapolitik in der neuen Regierung nicht völlig unter die Räder gerät.
Doch sind die deutschen Klimaziele tatsächlich so radikal, das heißt, so an die Wurzel des Übels gehend, wie oft kolportiert? Wohl kaum, so die kurze Antwort. Eine längere erfordert ein wenig Rechnerei: 250 Milliarden Tonnen CO2 durften ab Januar 2023 weltweit noch in die Luft geblasen werden, hatte im vergangenen Jahr eine Studie des Imperial College in London gezeigt, wenn wir noch mindestens eine 50prozentige Chance haben wollen, die 1,5-Grad-Grenze nicht zu überschreiten. Hintergrund dieser Abschätzung ist die Tatsache, dass sich das CO2 in der Atmosphäre anreichert und dort für mehr als tausend Jahre verbleibt.
Seit Januar 2023 sind weitere rund 80 Milliarden Tonnen emittiert worden, also bleiben noch 170 Milliarden Tonnen. Geteilt durch 8,4 Milliarden Erdbewohner wären das 20,24 Tonnen CO2 pro Kopf oder 1,7 Milliarden Tonnen CO2, die in der Bundesrepublik noch in die Luft gelangen dürfen, wenn wir eine lediglich 50prozentige Chance haben wollen, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
Nun lautet das viel gerühmte und im Klimaschutzgesetz festgehaltene Ziel, dass die Emissionen in der BRD bis 2030 auf 438 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente abgesenkt werden sollen. Wenn wir davon ausgehen, dass sich an den anderen Treibhausgasen wie in den vergangenen Jahren nicht viel ändert, wären das noch immer knapp 370 Millionen Tonnen jährlich. Wenn die Emissionen tatsächlich Schritt für Schritt auf dieses Niveau abgesenkt werden, dann würde sich in den nächsten sechs Jahren der deutsche CO2-Ausstoß noch immer auf 2,8 Milliarden Tonnen CO2 summieren. Mit anderen Worten: Die BRD denkt nicht daran, ihren fairen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, und die Gegner eines Kurses in diese Richtung stellen auch noch das bisschen, was getan wird, in Frage.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (23. März 2025 um 21:16 Uhr)Umweltrat aktualisiert seine Berechnungen zum CO2-Budget, Datum 25.03.2024: »Konkret hat Deutschland seinen fairen Anteil an einem globalen CO2-Budget, mit dem die 1,5 °C-Grenze eingehalten werden kann, seit kurzem überschritten. Für eine Temperaturgrenze von 1,75 °C mit 67 % Wahrscheinlichkeit umfasst das maximale CO2-Budget für Deutschland noch 3,9 Gigatonnen CO2. Würden die Emissionen in diesem Fall ab heute linear auf null reduziert, müsste Deutschland spätestens 2037 CO2-neutral sein.« (Hier abgeschrieben: https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020_2024/2024_03_PM_CO2_Budget.html). Es gibt halt ganz schön viele Stakeholder, die den Blödsinn von der Netto-Null verzapfen. Damit lassen sich – ähnlich wie in der Rüstungsindustrie – gute Profite machen, mit ähnlichen Erfolgen für das Klima wie mit den Rüstungsgütern im Krieg.
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