Gegenwind für Washington
Von Volker Hermsdorf
Bei seinem ersten Besuch in der Karibik muss sich US-Außenminister Marco Rubio warm anziehen. Zum Auftakt einer dreitägigen Tour reist er am Mittwoch nach Jamaika. Weitere Stationen sind Guyana und Surinam. Die drei Staaten gehören der Karibischen Gemeinschaft (Caricom) an. Am Freitag hatte das aus 15 Mitgliedern bestehende Bündnis auf einer Dringlichkeitssitzung über Reaktionen auf jüngste Maßnahmen der US-Regierung beraten, die sich negativ auf die Region auswirken. Anlass zur Besorgnis ist unter anderem Rubios Drohung, allen Personen die Einreise in die USA zu verweigern, die mit kubanischen medizinischen Einrichtungen zusammenarbeiten.
Ohne kubanische Ärzte, Krankenschwestern und andere Fachleute würden die Gesundheitssysteme ihrer Länder zusammenbrechen, schlugen die karibischen Staaten Alarm. Die neuen US-Sanktionen würden auch Ländern in vielen anderen Teilen der Welt schaden, darunter in Afrika, der Golfregion und Europa, wo kubanische Mediziner Millionen Patienten versorgten, heißt es in einer Caricom-Erklärung vom Montag vergangener Woche. Mehrere Staats- und Regierungschefs der Region erklärten, lieber auf US-Visa zu verzichten, als die Kooperation mit Havanna zu beenden. Der Premierminister von St. Vincent und den Grenadinen, Ralph Gonsalves, sagte, er werde nicht riskieren, für die Erlaubnis zur Einreise in die USA »mehr als 60 arme, hart arbeitende Menschen sterben zu lassen«, deren Leben von Dialysebehandlungen durch kubanische Ärzte abhingen.
Ähnlich äußerten sich auch die Caricom-Vorsitzende und Premierministerin von Barbados, Mia Mottley, sowie Premierminister Keith Rowley (Trinidad und Tobago). Guyanas Präsident Irfaan Ali, die Premierminister Dickon Mitchell (Grenada) und Gaston Browne (Antigua und Barbuda) sowie die Außenminister Kamina Johnson Smith (Jamaika) und Fred Mitchell (Bahamas) wiesen ebenfalls US-Vorwürfe gegen Havannas Medizinprogramm zurück. Johnson Smith erklärte vor Rubios Ankunft auf Jamaika, dass dort mehr als 400 kubanische Fachkräfte tätig seien, »deren Arbeit für unser Gesundheitssystem unerlässlich ist«. Auch in Guyana muss Rubio mit Gegenwind rechnen. Die Region dürfe Kuba »in dieser Frage nicht im Stich lassen«, so Irfaan Ali. Denn die Experten von der sozialistischen Inselrepublik seien »ein wesentlicher Bestandteil des karibischen Gesundheitswesens«. Ali widersprach Rubios Behauptung, es handele sich bei deren Einsätzen um »Menschenhandel«.
Versuche der US-Regierung, internationale medizinische Einsätze Kubas zu zerstören, sind nicht neu. In seiner ersten Amtszeit (2017–2021) hatte Donald Trump Havanna bereits Menschenhandel vorgeworfen, da die kubanischen Ärzte unterbezahlt wären, während die Regierung sich so mit Devisen versorge. Ende Februar stellte Marco Rubio nun eine neue Offensive gegen die kubanischen Mediziner vor. Er drohte Visabeschränkungen und weitere Sanktionen gegen Regierungsmitglieder, Diplomaten und alle Personen einschließlich ihrer Familienangehörigen an, die sich dem Diktat widersetzten. Damit werde eine langjährige Gesundheitskooperation torpediert, »die seit Generationen entscheidend zur Überwindung des Ärztemangels in der Karibik beigetragen hat«, warnt das kubanische Außenministerium. Das Fehlen kubanischer Ärzte könnte für die Karibik »katastrophale Folgen haben, da die Ausbildung einheimischer Mediziner Jahre dauert und viele ausgebildete Fachkräfte auswandern«, bestätigte Tamarys Bahamonde vom US-Center für Latin American and Latino Studies (CLALS) dem Nachrichtensender Al-Dschasira.
Derzeit stellt Kuba weltweit fast 60 Ländern medizinische Dienstleistungen zur Verfügung. In der Karibik tragen sie dazu bei, Engpässe im Gesundheitswesen auszugleichen. Seit 1963 hat Havanna mehr als 600.000 Fachkräfte in über 160 Länder entsandt. Angesichts der US-Wirtschaftsblockade stellen die Missionen heute eine wichtige Devisenquelle dar. Zwischen 2011 und 2025 beliefen sich die Einnahmen daraus auf über elf Milliarden Dollar. Rubios Attacke zielt vor allem darauf, Kuba künftig weitere Devisen zu entziehen.
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