Americar first
Von Jörg Kronauer
Washington heizt den Zollkrieg gegen alle Welt weiter an und verhängt Abgaben in Höhe von 25 Prozent auf die Einfuhr sämtlicher Autos und Autoteile. Ein Dekret dazu unterzeichnete US-Präsident Donald Trump am Mittwoch (Ortszeit) in Washington, D. C. Die neuen Zölle sollen auf bereits bestehende aufgeschlagen werden; damit ergibt sich für Autoimporte aus der EU ein Satz von 27,5 Prozent, im Fall von SUVs und Pick-ups von 50 Prozent. In Kraft treten soll das Dekret am 2. April, genau an dem Tag, an dem Trump noch weitere Einfuhrgebühren bekanntgeben will – sogenannte reziproke Zölle, die Zolldifferenzen zwischen den USA und ihren Handelspartnern ausgleichen. Erhoben werden sollen die neuen Beträge bereits am Donnerstag kommender Woche.
Hart getroffen werden von der Maßnahme besonders Kfz-Konzerne in Europa, in Japan und Südkorea, in Mexiko und Kanada – durchweg politische Verbündete der USA. Sie müssen die Zölle entweder ihren Kunden aufdrücken, was ihren Absatz empfindlich schmälern dürfte, oder sie selbst bezahlen, was ihren Profit fräße. Innerhalb der EU belasten die Abgaben am stärksten die ohnehin schwer angeschlagene deutsche Kfz-Industrie, deren wichtigster Kunde die USA sind. Dorthin gingen zuletzt gut 13,1 Prozent aller deutschen Kfz-Exporte, mehr als nach Großbritannien (11,3 Prozent) oder nach Frankreich (7,4 Prozent). Die Aktienkurse von Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz brachen denn auch um 4,3 bis fünf Prozent ein und zogen den Dax um zeitweise 1,54 Prozent nach unten, bevor sie sich halbwegs stabilisierten.
Scharfe Reaktionen kamen aus der deutschen Wirtschaft und aus der Politik. Der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Dirk Jandura, forderte, die EU müsse nun zu »klaren Gegenmaßnahmen« greifen. Dazu müsse sie auch die großen US-Digitalkonzerne ins Visier nehmen. Diese erzielen einen gewaltigen Überschuss aus ihrem Europageschäft und bilden damit anders als die klassische US-Industrie ein lohnendes Ziel für etwaige Vergeltung. Nochwirtschaftsminister Robert Habeck verlangte, die EU müsse nun »eine entschlossene Antwort« geben. Auch wenn man trotz allem verhandlungsbereit bleiben solle, seien »Stärke und Selbstbewusstsein« gefragt. Brüssel hatte zuletzt aufgrund offenkundiger innereuropäischer Differenzen Gegenzölle gegen die US-Einfuhrgebühren für Stahl- und Aluminium aufschieben müssen. Ob der mit den neuen Kfz-Abgaben steigende Druck zu stärkerer Geschlossenheit in der EU führt, war am Donnerstag nicht absehbar.
Washington ist dabei bemüht, Absprachen unter seinen bisherigen Kfz-Lieferanten über etwaige gemeinsame Gegenmaßnahmen zu verhindern. So drohte Trump Kanada, dessen zweitgrößte Exportbranche nach Erdöl die Kfz-Industrie ist: Wenn Ottawa sich bei der Abwehr der Zölle mit Brüssel zusammentue, werde er den 25-Prozent-Satz noch weiter erhöhen. Japan wiederum deutete an, sich um eine Ausnahmeregelung zu bemühen. Ministerpräsident Ishiba Shigeru erklärte, sein Land tätige »die meisten Investitionen« in den USA und solle daher nicht mit Zöllen in gleicher Höhe wie andere Staaten attackiert werden.
Lob kam von der US-Autogewerkschaft United Auto Workers. Deren Präsident Shawn Fain erklärte: »Wir applaudieren der Trump-Regierung, dass sie sich dafür einsetzt, das Freihandelsdesaster zu beenden, das jahrzehntelang die Arbeiterklasse belastet hat.«
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (28. März 2025 um 06:57 Uhr)Mit den Zöllen rennt Trump gegen einen objektiven Prozess an: Gegen die Globalisierung. Die hat gewichtige ökonomische Ursachen und bringt an vielen Stellen gewaltige Vorteile. Vereinfacht gesagt, kann man natürlich Bananen auch in Alaska produzieren. Der Gesamtaufwand ist allerdings viel geringer, wenn man sie von dort bezieht, wo sie weit weniger mühelos angebaut werden können. Die Schutzzollpolitik nützt, so vorhanden, der Produktion vor Ort. Sie behindert allerdings massiv die Nutzung der Vorteile, die zweckmäßige weltweite Arbeitsteilung eben auch hat. Sich von dieser Arbeitsteilung abzukoppeln, kann auf Dauer nur schiefgehen. Das dauernde Hin und Her, das wir in den USA gegenwärtig erleben, zeigt, dass manche Monopole das deutlich besser verstehen als die Trumpadministration oder manche Gewerkschaften. Die entsprechenden inneren und internationalen Auseinandersetzungen versprechen, sehr interessant zu werden. Auch wenn jetzt vieles für die Weltwirtschaft erst einmal sehr schmerzhaft ist. Aber das ist es ja immer, wenn jemand mit dem Kopf durch die Wand will. Allerdings in letzter Konsequenz mehr für den Kopf als für die Wand.
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