Geld und Territorien
Von Jörg Kronauer
Geld oder Leben? Nur keine falsche Bescheidenheit! Donald Trump nimmt gern beides, Geld und Leben. Geld kassiert er erklärtermaßen am liebsten in Form von Zöllen. Der jüngste Schritt: Zölle in Höhe von 25 Prozent, die ab Mitte kommender Woche auf die Einfuhr von Autos und Autoteilen erhoben werden. Man kennt das inzwischen: Offiziell geht es darum, Kfz-Konzerne, die bislang Fahrzeuge in die USA exportieren, zu veranlassen, Produktionsstandorte dorthin zu verlegen. Dann bleiben alle Ausgaben, die sie im Verlauf der Autofertigung tätigen, in den USA. Ähnliches strebt Trump mit seinen Stahl- und Aluzöllen an, und am 2. April sollen weitere Abgaben folgen. In der Summe geht es darum, möglichst viele industrielle Ressourcen bei der Führungsmacht des westlichen Bündnisses zu konzentrieren und damit zugleich deren Reichtum zu mehren. Auf dass die USA so stark und so wohlhabend wie möglich in den großen Machtkampf ziehen, auf den nicht bloß Trump, sondern das gesamte US-Establishment fokussiert: den gegen China.
Geld und Leben? Vorläufig begnügt sich der Oberzöllner im Weißen Haus mit Geld und fremden Territorien. Die will er haben, zum einen Kanada, zum anderen, das bekräftigte er am Mittwoch zum zigsten Mal, Grönland. Den Anspruch sollte am Donnerstag Usha Vance, Ehefrau des Vizepräsidenten, mit einem ungebetenen Besuch in dem zu Dänemark zählenden Autonomiegebiet markieren. Weil aber Gegendemonstrationen angekündigt waren und eine US-Vizepräsidentengattin sich vor Transparenten mit der Aufschrift »Amis raus!« nicht gut macht, sollte sie – Stand Mittwoch (Ortszeit) in den USA – nun statt in die Hauptstadt Nuuk nur auf die US-Militärbasis Pituffik fliegen. Dies aber, um den Rückzieher zu kaschieren, in Begleitung ihres Ehemannes J. D. Vance. Nein, Trump wird natürlich trotzdem nicht aufgeben. Wären Kanada der 51. und Grönland der 52. Bundesstaat, dann wären die USA der wohl bedeutendste Arktisanrainer – und das in einer Zeit, in der das Polareis schmilzt und das Polarmeer zu einem weiteren Schauplatz des großen Machtkampfs zu werden beginnt.
Geld und Territorien rückt selbstverständlich niemand freiwillig heraus; entsprechend heizt sich das transatlantische Klima genauso wie das polare Grad um Grad auf. Dass ausgerechnet ein deutsches Medium, nämlich der Spiegel, nun »Signalgate« befeuert, dass es Mobilnummern, Mailadressen und sogar Passwörter von US-Verteidigungsminister Pete Hegseth, US-Sicherheitsberater Michael Waltz und Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard offen im Internet gefunden und dies am Donnerstag aller Welt mitgeteilt hat – das wird Trump nicht vergessen. Wie auch immer die Vergeltungszölle ausfallen, die die EU angekündigt hat, und wie auch immer die Trump-Administration reagieren wird: Die transatlantische Rivalität wird weiter anschwellen. Das wird alle Geld kosten – hoffentlich nicht das Leben.
Siehe auch
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Ida Marie Odgaard/Ritzau Scanpix Foto/dpa29.01.2025
Frederiksen on Tour
- Emil Stach/Ritzau Scanpix/via REUTERS09.01.2025
Donald markiert sein Revier
- Wrongway Inc./Recorded Picture Company Ltd./Pandora Film/ Le Pacte & Faliro House Productions Ltd.04.03.2022
Vorschlag
Mehr aus: Ansichten
-
Jon Snow des Tages: Kapitän Giss
vom 28.03.2025
Die Frage ist, welche der Mächte die strategischen Schiffspassagen im Norden künftig kontrolliert. Nur fünf Anrainerstaaten können Ansprüche in der Arktis stellen: Kanada, Russland, Norwegen, Dänemark über die teilweise Verwaltungshoheit seiner Exkolonie Grönland und die USA über Alaska. Eine Annexion Grönlands gäbe Washington wesentlich mehr Mitspracherecht.
Russland ist führend in der Erschließung und Nutzung der Arktis. In den vergangenen zwei Jahrzehnten investierte Russland massiv in die Entwicklung arktischer Infrastruktur, neue Eisbrecherflotten und militärische Stützpunkte. Die Arktisstrategie Russlands wurde durch wissenschaftliche Expeditionen untermauert, um territoriale Ansprüche vor der UNO auszuweiten. Westliche Staaten, insbesondere die USA und Kanada, betrachten diese Expansion mit Sorge, da sie ihre geopolitischen Interessen gefährdet sehen.
Die Eskalation des Ukraine-Krieges verstehe ich als geopolitische Maßnahme, um Russlands Vormachtstellung in der Arktis jahrelang einzudämmen. Die Verhängung harter Sanktionen gegen Russland trifft besonders die arktischen Projekte, die auf westliche Technologie und Investitionen angewiesen sind. Zudem führte der Ausschluss Russlands aus internationalen Forschungskooperationen zu einem erheblichen Nachteil in der Weiterentwicklung der Region.
Diese Entwicklungen deuten darauf hin, dass der Konflikt in der Ukraine nicht nur regionale, sondern auch globale strategische Dimensionen hat. Die westlichen Staaten könnten ein Interesse daran haben, Russlands Arktisprojekte zu verlangsamen oder zu blockieren, indem sie das Land in einen kräftezehrenden Krieg verwickeln, der Ressourcen und Aufmerksamkeit bindet.
Beijing will auch seinen Einfluss in der Arktis seit Jahren ausbauen. Es profitiert von der Partnerschaft mit Russland. Egal, ob es um nationale Sicherheit, Schiffsrouten oder Rohstoffe geht, mehr Kontrolle über die Insel könnte den USA einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Beijing verfolgt seit Jahren eine Politik, die die Arktis mehr in den Fokus rückt. 2018 veröffentlichte die KP-Führung ein Arktis-Weißbuch. Darin bezeichnet sie China als »arktisnahen Staat«, obwohl Nuuk und Beijing mehr als 8000 Kilometer entfernt liegen. Für die USA ist das natürlich folgenreich!