Kriminalisierte Palästina-Solidarität
Von Knut Mellenthin
Er werde alle ausländischen Studenten, die sich an »illegalen Protesten« gegen die israelische Kriegführung im Gazastreifen beteiligen, abschieben lassen, kündigte Donald Trump im Januar an. Inzwischen rollt die Welle. Seit Trump zum zweiten Mal Präsident der USA ist, hat das State Department 300 ausländischen Studenten ihr Visum entzogen. Außenminister Marco Rubio hat diese Zahl, die in einigen Medien aufgetaucht war, am Donnerstag voriger Woche während einer Pressekonferenz bestätigt.
Es könnten vielleicht sogar mehr sein, sagte Rubio, der es nicht genau zu wissen schien. »Wir machen das jeden Tag. Jedes Mal, wenn ich einen von diesen Verrückten finde, nehme ich ihm das Visum weg. (…) Irgendwann sind wir hoffentlich damit durch, weil wir sie alle losgeworden sind. Aber wir halten jeden Tag nach diesen Verrückten Ausschau.«
Genauere Informationen, besonders über die gegen die Betroffenen erhobenen konkreten Vorwürfe, scheint es bisher nicht zu geben. Trump und weitere Regierungsmitglieder sprechen nur maßlos verallgemeinernd und verzerrend über »prodschihadistische Proteste« und »Hamas-Sympathisanten«. Ungewiss ist auch, wie viele Menschen im Zuge dieser Kampagne tatsächlich schon aus an USA fortgeschafft wurden. Bekannt ist nur, dass Festgenommene zunächst in Haftanstalten, vermutlich Abschiebezentren, gebracht wurden, die weit entfernt von den Universitäten liegen, in denen sie bisher studiert hatten. In einigen Fällen wurde der Vollzug der Ausweisung zunächst durch Gerichtsurteile gestoppt. Die Zahl der Studenten, über die solche Details bekannt sind, scheint allerdings, wenn man den Medien folgt, nur einstellig zu sein. Darunter ist eine 21jährige Koreanerin, die seit ihrem siebten Lebensjahr in den USA lebt und dort ständiges Aufenthaltsrecht hat, aber trotzdem ausgewiesen werden soll.
Im Mittelpunkt der Angriffe der Trump-Administration auf die angesehensten Lehr- und Forschungseinrichtungen des Landes steht die Columbia University in Manhattan, New York. Deren geschäftsführende Präsidentin Katrina Armstrong ließ am Freitag ihren Rücktritt bekanntgeben, ohne zunächst eine Begründung abzugeben. Eine Woche zuvor hatte sie eine Erklärung unterschrieben, mit der sich die Columbia allen Forderungen der Trump-Administration unterwarf. Zuvor hatte die Regierung der Universität Forschungsaufträge und Zuschüsse in einer Gesamthöhe von 400 Millionen US-Dollar gestrichen. 250 Millionen davon kamen, wie die New York Times am 18. März berichtete, vom National Institute of Health, das Teil des Gesundheitsministeriums ist. Der Tageszeitung zufolge wurden darüber etwa Forschungen zur Früherkennung von Brustkrebs, über Diabetes und dessen Zusammenhang mit Demenz sowie über Langzeiterkrankungen von Kindern, deren Mütter sich mit dem Coronavirus infiziert hatten, finanziert.
Die US-Regierung begründet diese Maßnahmen vorrangig damit, »die Juden« vor angeblich antisemitischen Kundgebungen an den Universitäten schützen zu wollen. Gegen diese Darstellung richtet sich ein offener Brief jüdischer Studenten und Wissenschaftler. Die Zahl der Unterzeichnenden ist seit der Erstveröffentlichung auf mehr als 700 gestiegen. Man unterscheide sich in vielen Punkten, heißt es dort. »Wir haben verschiedene Ansichten über Israel und Gaza, über amerikanische Politik und die Trump-Administration« ebenso wie über die Verwaltung der Columbia und ihren Umgang mit den Protesten. Aber gemeinsam sage man: »Nicht in unserem Namen. US-Universitäten zu schaden, schützt Juden nicht«, sondern führe dazu, dass alle, einschließlich der Juden, weniger sicher seien. »Universitäten im Namen der Juden zu zerstören birgt die Gefahr, dass insbesondere Juden in ihrer Sicherheit beeinträchtigt werden, indem man sie zu Sündenböcken macht. Sobald deutlich wird, wieviel Wissen und wieviel menschliches Potential im Namen der Bekämpfung des Antisemitismus verloren gegangen ist, könnte Juden dafür die Schuld gegeben werden.«
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