Zwei Seiten derselben Medaille
Von Christian Bunke
Großbritannien ist mit Israel auf vielfältige Weise ideologisch, politisch und wirtschaftlich verbunden. Diese Verbindungen liefern den Rahmen, auf den sich die militärische Unterstützung für Israel stützt. Ein jüngstes Beispiel ist die am 21. März 2023 vom britischen und israelischen Außenministerium unterzeichnete »2030 roadmap for UK-Israel bilateral relations«. Es handelt sich dabei um ein aufschlussreiches, wenn auch im Detail sehr vage gehaltenes Dokument.
Großbritannien und Israel präsentieren sich darin als »freiheitsliebende, innovative und blühende Demokratien«, die eine »regelbasierte Weltordnung« und »Respekt für universelle Menschenrechte« befürworten. Hierzu haben die von britischen und israelischen Streitkräften in vergangenen und gegenwärtigen Kriegen zerbombten Bevölkerungen des Iraks, Afghanistans und des Gazastreifens sicher eine eigene Meinung, aber die werden nicht gefragt. Jedenfalls liege demnach die »gemeinsame Zukunft im Wohlstand« Israels und Großbritanniens in stärkeren »wirtschaftlichen, technologischen und sicherheitspolitischen Bindungen«.
Ein wichtiger Teil der Roadmap ist die Gleichsetzung von Antisemitismus mit Kritik am Agieren des israelischen Staates. Mit dem Dokument verständigen sich Israel und Großbritannien auf »gemeinsame Anstrengungen, um Antisemitismus, Delegitimierung und antiisraelische Tendenzen« zu bekämpfen. Dazu soll gehören, den »disproportionalen Fokus« anzugehen, den »internationale Körper wie die UNO« laut Vorstellung der beiden Staaten an den Tag legen. Auch Klagen gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof werden in der Roadmap kritisiert – noch bevor im Dezember 2023 die Genozidklage Südafrikas in Den Haag angenommen wurde. Außerdem verspricht Großbritannien darin, gegen »Boykott, Desinvestition und Sanktionskampagnen« im eigenen Land vorzugehen, und zwar »einschließlich durch gesetzliche Maßnahmen«.
Im Bereich »Verteidigung und Sicherheit« soll die »enge strategische Partnerschaft« gestärkt werden, heißt es da. In diesem Sinne soll es auch weiterhin »gemeinsames Training und gemeinsame Übungen« geben, um die »militärischen Bindungen zwischen beiden Staaten zu stärken«. Wichtig sei eine »verstärkte Kooperation, um entschiedene und konzertierte Aktionen gegen Terroristen und terroristische Organisationen« durchführen zu können. In diesen Bereich könnten die seit Oktober 2023 laufenden Aufklärungsflüge über dem Gazastreifen fallen. Zusätzlich wolle man sicherstellen, dass Iran »niemals nukleare Fähigkeiten bekommt«.
Auf wirtschaftlicher Ebene möchte sich Großbritannien noch stärker für den seit Jahrzehnten boomenden israelischen Techsektor öffnen, der aufs engste mit dem militärisch-industriellen Komplex des Landes verbunden ist. Schon seit 2011 zeige der sogenannte UK Israel Tech Hub, »was durch die Zusammenarbeit britischer Unternehmen mit Spitzentechnologie aus Israel erreicht werden kann«. Die »über 250 Partnerschaften« hätten »einen geschätzten wirtschaftlichen Nutzen für das Vereinigte Königreich« in Höhe von umgerechnet 1,4 Milliarden Euro. Auch im Gesundheitsbereich bleibe Israel »ein bedeutender Partner«.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Kirsty Wigglesworth/Pool via REUTERS05.04.2025
Ohne London kein Gazakrieg
- Kai Pfaffenbach/REUTERS15.02.2025
»Man kann nur kooperieren oder sich widersetzen«
- Hasan Mrad/DeFodi Images/picture alliance12.02.2025
Antikolonialismus aus der Kurve
Regio:
Mehr aus: Schwerpunkt
-
Ohne London kein Gazakrieg
vom 05.04.2025