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Aus: Ausgabe vom 07.04.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Spanische Reaktion auf US-Zölle

14 Milliarden gegen Zölle

Spanische Regierung bringt Kredite für Unternehmen gegen US-Wirtschaftskrieg auf den Weg. Opposition fordert Enteignung von US-Fonds
Von Carmela Negrete
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Soll ausgelastet bleiben: Containerhafen von Barcelona (4.2.2025)

Die spanische Regierung werde »etwa 7,4 Milliarden Euro an neuen finanziellen und kommerziellen Ressourcen mobilisieren und weitere 6,7 Milliarden bestehender Instrumente nutzen«. Und zwar »ab heute – und vorsorglich«. Das erklärte der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, ab Mitte dieser Woche Zölle von 20 Prozent auf alle Produkte aus der Europäischen Union zu erheben. Damit wolle die sozialdemokratische Koalitionsregierung »unsere Unternehmen und Beschäftigten gegen Unsicherheit und die bereits spürbaren Zollauswirkungen« schützen. Die nationale Förderbank Instituto de Crédito Oficial (ICO) habe eine Reihe von Krediten erstellt, erklärte Sánchez am Donnerstag während eines Treffens mit Vertretern der spanischen Industrie in Madrid. Die sollten auch dazu dienen, »diese Handelssituation zu nutzen, um der spanischen Wirtschaft neuen Modernisierungs- und Öffnungsimpuls zu geben«.

Der Plan solle »sofort« umgesetzt werden. Die spanische Regierung reagierte damit bereits konkreter als andere EU-Staaten. Großbritannien und Italien versprachen am Wochenende ebenfalls Unterstützung für ihre heimischen Unternehmen, nannten aber keine Details. Die deutsche Regierung will auf gemeinsame Maßnahmen der EU warten. Allerdings hat sie zuletzt erst ein Hunderte Milliarden schweres »Konjunkturpaket« beschlossen. Spanien jedenfalls will »proaktiv reagieren, um vorbereitet zu sein«, so dass Spanien – »falls der Sturm tatsächlich losbricht – über einen doppelten Schutzschirm verfügt: den europäischen und den spanischen«, erklärte Sánchez bei dem Treffen, an dem mehrere Minister teilnahmen, darunter die zweite Vizepräsidentin und Ministerin für Arbeit und soziale Wirtschaft, Yolanda Díaz, die die grüne-linke Koalition Sumar führt.

Teilgenommen haben nicht zuletzt Vertreter der am stärksten betroffenen Branchen, wie der »Automobil, Agrar- und Lebensmittelwirtschaft, Leicht- und Schwerindustrie, Pharmaindustrie sowie deren Sozialpartner«, wie es in einer Mitteilung aus der Moncloa, dem Regierungssitz, hieß. Bereits am Donnerstag präsentierte die Regierung eine Kampgane mit dem Titel »Kauf deins, verteidige unseres.« Unter dem Motto »unsere Werte sind nicht käuflich – unsere Produkte und Dienstleistungen jedoch schon« soll die Nachfrage nach Produkten, die in Spanien hergestellt werden, gesteigert werden.

Für die linke Oppositionspartei Podemos gingen die Maßnahmen nicht weit genug. Generalsekretärin Ione Belarra forderte die Regierung am Freitag dazu auf, Wohnungen und Unternehmensanteile aus dem Banken-, Energie- und Kommunikationssektor, die im Besitz von »US-Geierfonds wie Blackrock oder Blackstone« sind, sofort zu enteignen. »Aus Sicht von Podemos muss man auf einen globalen Handelskrieg mit größtmöglicher Entschlossenheit und Mut reagieren«, sagte Belarra auf einer Pressekonferenz im Parlament. In diesem Zusammenhang warf sie der Regierung Unterwürfigkeit vor, auch weil sie im vergangenen November dem Einstieg von Blackrock mit einer Beteiligung von mehr als 20 Prozent bei dem spanischem Energieunternehmen Naturgy zugestimmt hatte.

Die Regierung müsse »unverzüglich« den Artikel 128 der Verfassung aktivieren. Darin heißt es, dass »der gesamte Reichtum des Landes in seinen verschiedenen Formen und unabhängig von seiner Eigentumsstruktur dem allgemeinen Interesse untergeordnet ist«. Per Gesetz könnten wesentliche Ressourcen oder Dienstleistungen dem öffentlichen Sektor vorbehalten und im Falle von Monopolen könnten auch Eingriffe in Unternehmen beschlossen werden. Das wäre eine angemessene Antwort auf den Handelskrieg von Trump, so Belarra. Denn Trump sei am empfindlichsten »beim Geld, seinen Geschäften und den Geschäften seiner Freunde«. Dieser Handelskrieg verlange »nicht nach großspurigen Worten, die absolut nichts bewirken – wie die der europäischen Staats- und Regierungschefs und die spanische Regierung derzeit –, sondern nach entschlossenem und mutigem Handeln«, betonte Belarra.

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  • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (7. April 2025 um 10:19 Uhr)
    Nach jahrzehntelangem Mainstreamgequatsche von angeblich allseitigen Win-Win-Wohlstands-Segnungen durch unzählige Freihandelsabkommen und das Anstreben totaler Globalisierung, nun der weltweite Rückfall in den Protektionismus des 19. Jahrhunderts. Das nenne ich echtes Expertentum! Wer soll denn solche Psychopathen eigentlich noch ernst nehmen?

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