Ladekabeltod des Tages: Die BV100-Kernbatterie
Von Hagen Bonn
Sagt der Automechaniker zum Kunden: »Das Problem ist größer, als ich dachte. Ihre Batterie braucht ein neues Auto!« Können Sie sich das vorstellen? Eine Batterie, die mindestens 50 Jahre hält? Wie das Portal News-pravda.com berichtet, wird die BV100-Atombatterie der chinesischen Firma Betavolt Technology nun in Massenproduktion gefertigt. Atom? Klingt das nicht gefährlich? Wer will schon, dass sein MP3-Spieler im Großraumbüro detoniert und das ganze Unternehmen auslöscht? Nicht so schnell: Denn die BV100-Kernbatterie, die mit dem radioaktiven Isotop Nickel-63 funktioniert, ist völlig sicher, weil während des Zersetzungsprozesses keine Wärme abgegeben wird. Sie kann auch nicht explodieren – und am Ende, also wenn wir schon alle tot sind, hat sich die Melange in der Batterie in stabiles Kupfer verwandelt. Nochmal: 50 Jahre! Wartungsfrei! Die Massenproduktionsversion der Batterie besitzt eine Spannung von 3 V bei einer Gesamtleistung von 100 Mikrowatt. Keine Ahnung, was das bedeutet, aber das Wunder ist so groß wie eine Ein-Euro-Münze und wiegt nur wenige Gramm. Irre ist auch der »effiziente« Temperaturbereich, bei dem das Muskelpaket funktioniert: minus 60 bis 120 Grad Celsius! Ich könnte also in einer kochenden Badewanne sitzen und meinen wasserdichten MP3-Spieler mitnehmen! Verrückt, oder? Ja, so muss Zukunft! Nie mehr Batterien kaufen, einlegen, rausfummeln und wieder von vorn. Aber was sagt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) dazu: Ein Zulassungsantrag in Deutschland wäre »wenig erfolgversprechend«, so vermelden die VDI-Nachrichten. Aha. Die Gründe heißen vielleicht: BASF, VW-Power-Co und Tesla-Gigafactory 4? Auf den Schreck trinke ich erst mal ein Atompils. Da fühle ich mich wieder kerngesund und strahle vor Freude.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Gabriel T. aus Berlin (8. April 2025 um 08:31 Uhr)(…) Radioisotopenbatterien werden schon seit Jahrzehnten eingesetzt. Ein Vorreiter dieser Technologie war die gute alte SU, aber auch der Westen nutzt diese Technologie vor allem in der Raumfahrt oder beim Militär. Das Problem dabei ist, dass eben, wie ihr auch schreibt, erst nach 100 Jahren ein stabiles Element entstanden ist, bis dahin ist das Ding radioaktiv. Es muss also im praktischen Einsatz auf der Erde dafür gesorgt werden, dass diese erst nach 100 Jahren entsorgt werden können, weil ansonsten bei der Entsorgung radioaktiver Dreck freigesetzt wird. Ob dies beim militärischem Einsatz gewährleistet ist, sei hier mal dahingestellt, dies allerdings unter kapitalistischen Bedingungen für Konsumgüter zu gewährleisten, scheint doch sehr unwahrscheinlich.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (7. April 2025 um 21:31 Uhr)Na ja, Muskelzelle statt Muskelpaket wäre wohl eine bessere Bezeichnung für das Teil. Ein Wunder ist es auch nicht, Nickel 63 hat eine Halbwertszeit von 100 Jahren und 36 Tagen. Nach fünfzig Jahren ist also ungefähr ein Viertel des Nickels in Kupfer umgewandelt, und die Batterie kann höchstens noch 75 Mikrowatt liefern. Die RTC (Echtzeituhr) in meinem Rechner würde sich vielleicht mit dieser Batterie betreiben lassen, allerdings bräuchte ich am Ende eines Rechners den nächsten für die Batterie. Also 100 Mikrowatt: 0,0001 Watt, viel Auto lässt sich damit nicht antreiben. Nachdem man Nickel-Cadmium-Batterien abgeschafft hat, ist es fraglich, ob man zusätzlichen Atommüll braucht. Aufschneiden oder sonst wie zerstören soll man die Zelle die ersten tausend Jahre lieber nicht: Die Beta-Strahlung dürfte so 30 cm Reichweite haben und an der Grenze zur Durchdringungsfähigkeit der Oberhaut liegen. Wer sich für mehr interessiert, das schreibt »Der Ingenieur« dazu: »Nuklear betriebene Mini-Batterien sind klein, wartungsfrei und langlebig. Russische Forscher haben nun herausgefunden, wie sie die Laufzeit deutlich verlängern können, ohne gefährliche Gamma-Strahlen freizusetzen. Die Atombatterien könnten in Herzschrittmachern eingesetzt werden.« (https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/mini-atombatterie-50-jahre-strom-fuer-den-herzschrittmacher/)
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