Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 11.04.2025, Seite 1 / Kapital & Arbeit
Neokolonialismus

Bittere Schokolade aus Ghana

Oxfam Deutschland stellt Studie zur Situation von Kakaobauern vor
Von Jörg Tiedjen
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Schokolade ist ein Luxusprodukt. Dennoch können die meisten Kakaobauern von ihren Einkünften nicht leben (Assin Foso, 20.11.2024)

Schokolade zählt nicht nur in Deutschland zu den beliebtesten Süßigkeiten. Doch eine am Donnerstag veröffentlichte Studie der Hilfsorganisation Oxfam Deutschland unter dem Titel »Raising the Bar« ergab, dass ein Großteil der Erzeuger von Kakaoprodukten in bitterster Armut lebt. Wie nämlich Umfragen unter Bauern im westafrikanischen Ghana ergeben hätten, das einer der Hauptproduzenten von Kakao ist, erhielten 90 Prozent der befragten Bauern kein existenzsicherndes Einkommen. »Im Durchschnitt verdienen sie kaum die Hälfte davon – Haushalte, die von Frauen geführt werden, sogar nur 31 Prozent«, wie Oxfam feststellt.

Zwar hätten sich zahlreiche Unternehmen, die Kakaoprodukte verarbeiten oder vermarkten, in offiziellen Stellungnahmen über die Regelungen des deutschen Lieferkettengesetzes hinaus zu Nachhaltigkeit verpflichtet. Doch tatsächlich würden die Erzeuger am untersten Ende der Wertschöpfungskette noch nicht davon profitieren. Das liege laut Oxfam an der Macht der Konzerne. Denn in Deutschland würden 86 Prozent der Schokolade in Supermärkten verkauft. Die wiederum gehören fast ausschließlich den Ketten Edeka, Lidl und Kaufland, Rewe und Aldi. »Diese Bedingungen verschaffen den Konzernen großen Einfluss auf die Preis- und Margengestaltung.« Die marktbeherrschende Stellung werde aber von den Konzernen dazu genutzt, die Preise soweit wie möglich zu drücken.

Die Forderungen von Oxfam sind klar: Die Handelsketten müssten den Bauern »faire Preise« zahlen und mit ihnen feste, langfristige Verträge abschließen, deren Inhalt auch zu veröffentlichen sei, so dass er unabhängig überprüft werden könne. Überhaupt müsse eine Monitoringstelle eingeführt werden. Schließlich dürfe nicht sein, was Oxfam-Sprecher Tim Zahn mit einem drastischen Vergleich anprangert: »Ein Kakaobauer in Ghana bräuchte mit seinem durchschnittlichen Einkommen etwa 20 Millionen Jahre, um das Vermögen von Lidl- und Kaufland-Eigentümer Dieter Schwarz zu erwirtschaften. Diese Ungerechtigkeit dürfen wir nicht länger in Kauf nehmen.«

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  • Leserbrief von Reinhard Hopp aus Berlin (10. April 2025 um 21:11 Uhr)
    Solange es den Kapitalismus gibt, wird auch der Kolonialismus bestehen bleiben. Da können Historiker, Politiker, Juristen und Medienmacher noch so viele euphemistische Narrative und pseudowissenschaftliche Beschönigungformeln erfinden. Verbrechen bleibt Verbrechen!

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