Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 14.04.2025, Seite 1 / Titel
Atomkonflikt

Diesmal diplomatisch

Atomgespräche zwischen Hoffnung und Sorge. Vertreter Washingtons und Teherans treffen sich in Oman und vereinbaren Fortsetzung der Verhandlungen
Von Knut Mellenthin
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Mit dem Erzfeind verhandeln. Graffito an der Ex-US-Botschaft in Teheran (11.4.2025)

Der Ball ist im Spiel. Darüber sind sich die Regierungen des Iran und der USA nach dem ersten Zusammentreffen ihrer Vertreter in Maskat, der Hauptstadt von Oman, jedenfalls einig. 140 Minuten saßen der iranische Außenminister Abbas Araghtschi und Donald Trumps Spitzendiplomat für allerschwierigste Krisenverhandlungen, Steve Witkoff, am Sonnabend nachmittag (Ortszeit) mit den sie unterstützenden Delegationen in getrennten Räumen, während der Außenminister des Sultanats deren Botschaften hin- und hertrug. Am Ende blieb noch Zeit für eine mehrere Minuten dauernde Begegnung zwischen Araghtschi und Witkoff, bei der einige vermutlich bedeutungslose, aber höfliche Sätze gewechselt wurden. Pressefotografen waren offenbar nicht zugelassen.

Was bei dem von Omans Regierung organisierten und betreuten »indirekten Gespräch« genau mitgeteilt und verhandelt wurde, ist nicht bekannt. Aber das gilt ähnlich für die meisten wirklich bedeutenden und folgenreichen Politikertreffen, die unter weniger belasteten und spannungsgeladenen Verhältnissen stattfinden. Das Ereignis sei »konstruktiv und vielversprechend« gewesen, postete Araghtschi auf der Plattform X, früher Twitter. Er gab an diesem Tag gleich mehrere Statements ab. In einem Interview mit dem staatlichen Rundfunk der Islamischen Republik erzählte er, dass das indirekte Gespräch »unter ruhigen und respektvollen Umständen« verlaufen sei, »ohne dass eine unangemessene Sprache benutzt wurde«. Das überrascht nicht wirklich: Nebenan saß schließlich nicht Trump, sondern Witkoff, ein Milliardär und guter Freund Trumps, der angeblich über keine diplomatische Erfahrung verfügt. Daran gemessen macht er seine Arbeit bisher erstaunlich gut, kreativ und listig.

Auch Trump scheint mit dem Verlauf des Eröffnungsspiels zufrieden. Es sei »okay gelaufen«, soweit man das jetzt schon sagen könne, beantwortete er in seiner nicht gerade nuancierten und sorgfältigen Redeweise Journalistenfragen an Bord der Präsidentenmaschine »Air Force One«. Etwas aussagekräftiger war eine Presseerklärung aus dem Weißen Haus. Witkoff habe gegenüber Araghtschi unterstrichen, dass er vom Präsidenten beauftragt sei, »die Meinungsverschiedenheiten zwischen unseren beiden Ländern durch Dialog und Diplomatie zu lösen, falls das möglich ist«. »Diese Themen sind sehr kompliziert«, und Witkoffs »direkte Kommunikation« in Oman »war ein Schritt nach vorn beim Erreichen eines für beide Seiten vorteilhaften Ausgangs«.

Das wohl wichtigste Ergebnis ist, dass Iran und die USA sich darauf verständigt haben, den »Dialog« in zügigem Tempo fortzusetzen und ins Konkrete auszubauen. Schon am Sonnabend dieser Woche werde man sich erneut treffen, heißt es in Teheran wie in Washington. Das müsse nicht unbedingt in Oman sein, sagte Araghtschi in einer seiner recht zahlreichen Äußerungen, aber bei der indirekten Form solle es bleiben, und das Sultanat solle wieder die Briefträgerrolle übernehmen.

Der »Dialog« steht offensichtlich unter Zeitdruck. In 60 Tagen, gerechnet ab Montag, will Trump ein Ergebnis haben, mit dem er sich auch im Kongress und in Israel sehen lassen kann. Beides hängt eng zusammen. Die Alternative wäre, so Trump, »ganz, ganz schlecht für Iran«. Es hat es auch schon direkt ausgesprochen: Der Iran würde so bombardiert, »wie er das noch nie erlebt hat«.Siehe Kommentar Seite 8

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (14. April 2025 um 10:43 Uhr)
    Meine Haltung ist klar: Ich bin für Abrüstung und gegen Atomwaffen – überall, für alle! Der Einsatz von Atomwaffen durch die USA in Hiroshima und Nagasaki sollte der Welt gezeigt haben, wie unmenschlich und gefährlich diese Waffen sind. Barack Obama hat 2009 den Friedensnobelpreis erhalten, weil er eine Welt ohne Atomwaffen anstrebte. Er sprach in seiner Prager Rede von der moralischen Verantwortung der Atommächte, mit gutem Beispiel voranzugehen. Auch wenn er letztlich nicht alles umsetzen konnte, blieb seine Vision ein Hoffnungssignal. Donald Trump hingegen steht sinnbildlich für eine Politik der Drohung und Ungleichheit: Die USA modernisieren ihr Atomwaffenarsenal, wollen sich aber das exklusive Recht auf diese Waffen sichern. Andere, wie der Iran, sollen sie nicht einmal denken dürfen. Diese Doppelmoral erinnert an das alte Sprichwort: »Was Jupiter darf, darf der Ochse nicht.« – mit anderen Worten: Die Starken machen die Regeln, die Schwachen müssen folgen. Ich sage nicht, dass der Iran Atomwaffen besitzen sollte. Aber wenn wir über Sicherheit sprechen, dann muss diese für alle gelten – nicht nur für die Supermächte. Echte Sicherheit entsteht durch Dialog, Abrüstung und gegenseitigen Respekt, nicht durch Bedrohung, Sanktionen und nukleare Erpressung.

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