Dein roter Faden in wirren Zeiten
Gegründet 1947 Mittwoch, 2. April 2025, Nr. 78
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Dein roter Faden in wirren Zeiten Dein roter Faden in wirren Zeiten
Dein roter Faden in wirren Zeiten
Aus: Ausgabe vom 01.04.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Iran

Der kleine Unterschied

Iran will nicht mit Trump verhandeln – außer indirekt und geheim
Von Knut Mellenthin
imago808040812.jpg
Teile der politischen Elite im Iran scheinen noch Hoffnungen auf Trump zu haben (Teheran, 30.3.2025)

Teheran verhandelt grundsätzlich nicht unter dem Druck von Sanktionen und Kriegsdrohungen. Es verhandelt erst recht nicht mit Donald Trump, der seinen Umgang mit Verträgen durch den Bruch des 2015 geschlossenen Wiener Abkommens (JCPOA) unter Beweis gestellt hat. Doch »der Weg für indirekte Verhandlungen bleibt offen«, erklärte Präsident Massud Peseschkian am Sonntag während einer Kabinettssitzung. Das bezog sich unmissverständlich auf die Beziehungen Teherans zur Trump-Administration. »Wie wir zuvor schon klargestellt haben«, zitierte der Auslandssender des staatlichen Rundfunks, PressTV, den Präsidenten, »hat Iran die Kanäle indirekter Kommunikation niemals geschlossen«. Es hänge vom »Verhalten der Amerikaner« ab, »ob die Verhandlungen vorankommen«.

Das unterstellt, dass die iranische Regierung vielleicht doch mit großen Überraschungen in Trumps Vorgehen rechnet, auch wenn sie sich auf der anderen Seite routinemäßig zur Aussage von »Revolutionsführer« Ali Khamenei bekennt, dass der US-Präsident mit seiner Verhandlungsaufforderung an Teheran »die öffentliche Meinung täuschen« wolle. Bei einem maßgeblichen Teil der iranischen Politiker und Medien kamen scheinbar versöhnliche Aussagen von Trumps Sonderbeauftragten für Krisengespräche, Steve Witkoff, gut an, die dieser am 23. März gegenüber Fox News äußerte. »Wir müssen nicht alles militärisch lösen«, hatte der Milliardär, der auch schon mal mit der Hamas verhandelt, gesagt. »Unser Signal an Iran ist ›Setzen wir uns hin und schauen wir, ob wir durch Dialog, durch Diplomatie an die richtige Stelle kommen.‹«

Einen Tag vorher hatte Witkoff bei einem Gespräch mit dem rechts außen profilierten, aber nicht antirussischen Journalisten Tucker Carlson behauptet, Trump sei »offen für eine Chance, alles mit dem Iran zu bereinigen«. Der Brief Trumps an Khamenei, der am 12. März von einem Berater des Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate in Teheran übergeben wurde, sei nicht als Drohung gemeint, sondern strebe Vertrauensbildung an.

Prompt meldeten iranische Medien »Trumps Rückzug nach wiederholten Drohungen« und spekulierten, ob die von ihnen wahrgenommene »Wende« ernst gemeint sei. Man neigt dort schnell zur Annahme, die USA hätten große Angst vor einem Krieg gegen den Iran. Trump sei durch innenpolitische Schwierigkeiten, Wirtschaftsprobleme und »öffentliche Unzufriedenheit« gezwungen, von einer Position der Stärke zu einem sanfteren Herangehen zu wechseln, hieß es beispielsweise am 25. März in der englischsprachigen Tageszeitung Tehran Times, die höheren Ansprüchen genügen will.

Über Trumps Brief kann im Iran fast alles erzählt werden, denn sein Inhalt ist nicht zuverlässig bekannt, und die iranische Regierung hat ebenfalls entschieden, ihn nicht zu veröffentlichen. Mehr noch: Das Außenministerium betonte am Sonntag in einer Stellungnahme die Wichtigkeit der Wahrung der »Vertraulichkeit« in internationalen Verhandlungen und Briefwechseln. Offensichtlich ist: Nur unter dieser Voraussetzung war die Bewertung von Außenminister Abbas Araghtschi am 20. März möglich, Trumps Brief enthalte »sowohl Drohungen als auch Chancen«. Er war dabei so geschmacklos, ausgerechnet dem früheren Chef der Al-Kuds-Truppe, Kassem Soleimani, der am 3. Januar 2020 im Auftrag Trumps ermordet wurde, das Motto »In jeder Bedrohung liegt auch eine Chance« zuzuschreiben.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche:

  • Makabre Selbstinszenierung: US-Präsident Donald Trump verfolgt l...
    21.03.2025

    Stille Post für Teheran

    US-Präsident stellt Iran Ultimatum für Begrenzung des Atomprogramms
  • Zusammen ist man stärker als allein: Rjabkow, Wang und Gharibaba...
    17.03.2025

    Gemeinsam gegen Trump

    China und Russland stärken Iran bei Abwehr US-amerikanischer Sanktionen und Drohungen den Rücken

Regio:

Mehr aus: Schwerpunkt