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Aus: Ausgabe vom 14.04.2025, Seite 7 / Ausland
Nahostkonflikt

Raketen auf Hospital

Israel weitet Offensive gegen Palästinenser aus und beansprucht Pufferzone. USA wollen Kritiker abschieben
Von Gerrit Hoekman
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Erneut hat Israels Armee unter dem Vorwand, es handele sich um eine Hamas-Zentrale, ein Krankenhaus angegriffen (Gaza-Stadt, 13.4.2025)

Das israelische Militär hat seine Kriegführung in Gaza am Wochenende nochmals verstärkt. Am Sonntag morgen flog die Luftwaffe einen Angriff auf das Al-Ahli Baptist Hospital. Dabei wurden die Chirurgie und die Intensivstation des letzten noch funktionierenden Krankenhauses in Gaza-Stadt zerstört, berichteten Augenzeugen der BBC. Ein im Internet hochgeladenes Video zeigte riesige Flammen, die offenbar aus dem Gebäude aufstiegen. Der Zivilschutz meldete bis zum Redaktionsschluss keine Opfer. Anscheinend waren das medizinische Personal und die Patienten vorab von Israel gewarnt worden und hatten das Krankenhaus rechtzeitig geräumt, berichtete der Sender Al-Majadin. Die israelische Armee rechtfertigte den wiederholten Angriff auf die medizinische Infrastruktur in Gaza einmal mehr mit der Behauptung, dass sich in der Klinik eine Hamas-Zentrale befunden habe. Zuvor hatte Israels Militär angekündigt, seine Bodeneinsätze in Gaza auszuweiten, um eine Pufferzone entlang seiner Grenzen zu schaffen. Am Samstag abend waren die Bewohner von Nuseirat im Zentrum Gazas zum sofortigen Verlassen bestimmter Viertel aufgefordert worden, weil von dort angeblich Raketen auf Israel abgefeuert worden waren.

Die Hilfsorganisation Roter Halbmond gab am Sonntag WAFA zufolge bekannt, dass sich der vermisste Sanitäter Asaad Al-Nassasra in israelischen Händen befinde. Er war seit der tödlichen israelischen Attacke auf palästinensische Krankenwagen am 23. März in Rafah mit 15 Toten vermisst worden. Die Mediziner und humanitären Hilfskräfte waren auf dem Weg zu einem Einsatz gezielt von israelischen Soldaten unter Beschuss genommen worden. Der Rote Halbmond forderte Nassasras sofortige Freilassung.

Unterdessen setzte die israelische Besatzungsmacht am Wochenende auch ihren brutalen Angriff auf die Westbank fort. Nachdem die Armee unweit von Nablus die Stadt Karjut gestürmt hatte, verhängte sie am Sonnabend eine Ausgangssperre. In Beit Fadschar in der Nähe von Bethlehem kam es zu Auseinandersetzungen, bei denen ein junger Palästinenser von israelischen Soldaten angeschossen wurde. Auch aus anderen Dörfern und Städten entlang des Westjordanufers wurden Angriffe der Besatzer gemeldet. Am Palmsonntag verweigerte Israel christlichen Pilgern von der Westbank den Zutritt zum besetzten Ostjerusalem, wo sie an Gottesdiensten teilnehmen wollten.

Protest gegen die israelische Vertreibungspolitik in Gaza und der Westbank ist bei Israels Verbündeten ungern gesehen. So wollen die USA den in Syrien geborenen Palästinenser Mahmoud Khalil ausweisen, einen der Protagonisten der propalästinensischen Proteste an der New Yorker Columbia-Universität. Die Regierung unter Präsident Donald Trump beruft sich auf einen Passus, der es erlaubt, Personen abzuschieben, wenn sie angeblich eine Bedrohung für die außenpolitischen Interessen der USA darstellen. Khalil war Anfang März von der Einwanderungsbehörde verhaftet und in ein Abschiebegefängnis in Louisiana überführt worden. Obwohl er mit einer US-Amerikanerin verheiratet ist und eine Aufenthaltsgenehmigung, die sogenannte Greencard, besitzt, erlaubte ein Gericht in Louisiana am Sonnabend die Abschiebung. Khalils Anwalt kündigte an, in Berufung zu gehen. »Wenn Mahmoud auf diese Weise ins Visier genommen werden kann, nur weil er sich für die Palästinenser einsetzt und sein verfassungsmäßig geschütztes Recht auf freie Meinungsäußerung ausübt, kann dies jedem passieren – bei jedem Thema, das der Trump-Regierung missfällt«, zitierte die New York Times den Rechtsbeistand.

Auch Rümeysa Öztürk droht die Abschiebung. Die 30 Jahre alte Muslimin ist Doktorandin an der Tufts-Universität in Somerville. Sie wurde am 25. März auf offener Straße festgenommen, weil sie in der Studierendenzeitung an einem Essay mitgeschrieben hatte, der Israel kritisierte. Seitdem ist sie ebenfalls in Louisiana in Haft. Sie erhält der New York Times zufolge solidarische Unterstützung von einer Koalition progressiver jüdischer Gemeinden und Organisationen, darunter Synagogen in West Newton, San Francisco und der Upper Westside von New York.

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