Maritime Attacken
Von Burkhard Ilschner
Unmittelbar vor Ostern hat US-Präsident Donald Trumps Handelsbeauftragter Jamieson Greer erste Details seines geplanten Maßnahmenpakets gegen die globale Schiffahrt verkündet. Zwar bezeichnet er das Zoll-und-Gebühren-Bündel grundlegend anders, aber an den schwerwiegenden Folgen ändert das nichts.
In der Mitteilung des Office of the US Trade Representative (USTR) spricht Greer von einer »gezielten Aktion zur Wiederherstellung des amerikanischen Schiffbaus«, die ausdrücklich gerichtet sei gegen »Chinas unangemessene Praktiken, um maritime Wirtschaft, Logistik und Schiffbau zu dominieren«. Klar: Wer über Jahrzehnte eigenes Engagement im Schiffbau und in der Handelsschifffahrt vernachlässigt, braucht anschließend externe Kräfte, denen er die Schuld daran zuschieben kann. Weil Schiffe und Schiffahrt »für Amerikas wirtschaftliche Sicherheit und den freien Handel von entscheidender Bedeutung« sind, folgt die großspurige Ankündigung, »die Maßnahmen der Trump-Administration« würden »die chinesische Dominanz umkehren« und »Bedrohungen der US-amerikanischen Lieferkette abwehren«. Ach, ja, und ein starkes Signal für die Nachfrage nach Schiffen »Made in USA« bedeuten sie natürlich auch.
Die heftigsten Reaktionen auf Greers Bekanntgabe kommen bislang aus den USA selbst. Zum einen erklärte zwar der Schiffbauerverband, er unterstütze Trumps Bemühungen, während Vertreter einzelner Werften entweder in Kenntnis eigener Schwäche schwiegen oder auf Kapazitätsprobleme (sic!) verwiesen. Zum anderen formulierte etwa der Weltschiffahrtsrat – World Shipping Council (WSC) – nicht weniger als »ernsthafte Bedenken« gegen Greers Pläne.
Das ist insofern beachtlich, als dieser WSC seinen Hauptsitz (neben Brüssel, London und Singapur) in Washington, D. C., hat: Dem Rat gehören vor allem die weltgrößten Reedereien an, die ja bekanntlich in Europa und Ostasien beheimatet sind; aber in der Zentrale sitzen vor allem US-Bürger. Chef ist Joe Kramek, ein ehemaliger Offizier der US Coast Guard. Angesichts Trumpscher Attacken auf alle, die nicht nach seiner Pfeife tanzen, verdient sein Statement also durchaus Respekt: Zwar begrüßt er höflich die »Vision« des Präsidenten, dass »die Wiederbelebung von Amerikas maritimem Sektor« ein »wichtiges und breit unterstütztes Ziel« sei – aber dann folgen schallende Ohrfeigen: »Leider ist das vom USTR angekündigte Gebührenregime ein Schritt in die falsche Richtung, da es die Preise für Verbraucher erhöhen, den US-Handel schwächen und wenig zur Wiederbelebung der maritimen Industrie beitragen wird.«
Dabei hat Greer nach den Anhörungen Ende März jetzt seinen ursprünglichen Plan merklich abgeschwächt: Zum einen sollen US-Exporteure und Reeder von den Gebühren ausgenommen werden, sofern sie »eigene« Regionen (Große Seen, Karibik etc.) bedienen. Zum anderen wird das ganze System bis Mitte Oktober ausgesetzt; Experten halten das für ein Manöver, um Trump bei Verhandlungen über bilaterale Handelsabkommen Flexibilität zuzusichern.
Und schließlich setzt Greers Konzept nicht mehr auf Pauschalgebühren pro Hafenanlauf, sondern auf Berechnung nach Nettotonnage: Ab Oktober 2025 müssen in China gebaute oder in chinesischem Besitz befindliche Schiffe 50 US-Dollar pro Nettotonne zahlen. Dieser Satz steigt zwar jährlich um 30 Dollar, wird aber pro US-Anreise nur einmal erhoben, und das maximal sechsmal jährlich. Das kann sich zwar auf bis zu 50 Millionen Dollar pro Schiff und Jahr summieren – bedeutet aber für große Reedereien, die regelmäßig mehrere US-Häfen anlaufen, deutliche Entlastung gegenüber Greers ursprünglicher Ankündigung. Es wird vermutet, dass dies auch Protesten der US-Hafenwirtschaft zuzuschreiben ist. Die hatte nämlich moniert, dass eine Gebühr pro Hafenanlauf eine Konzentration der Schiffsanläufe auf größere Häfen nach sich ziehen könne – mit multiplen Folgen: Existenzgefährdung kleiner und mittlerer Häfen, Überlastung der großen Terminals und in der Folge nicht zuletzt Probleme mit der maroden landseitigen Infrastruktur bei anschließender Warenverteilung.
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