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Aus: Ausgabe vom 28.04.2025, Seite 7 / Ausland
Konflikt im Nahen Osten

Rudelführer Trump

Atomverhandlungen mit Iran: Alles schön positiv und konstruktiv, aber US-Präsident droht weiter mit Krieg
Von Knut Mellenthin
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Unfall oder Sabotage? Die Ursache des gewaltigen Feuers im Containerhafen bei Bandar Abbas blieb vorerst unbekannt (26.4.2025)

Zwischen den USA und Iran geht es in offiziellen Stellungnahmen weiterhin »konstruktiv und positiv« zu. Am Sonnabend fand in Maskat, der Hauptstadt von Oman, die dritte Runde der indirekten Gespräche von Vertretern beider Regierungen statt, bei denen der Außenminister des Sultanats den Boten zwischen den Delegationen spielt, die in getrennten Räumen plaziert sind. Zuvor hatten solche Treffen am 12. April ebenfalls in Maskat und am 19. April in Rom stattgefunden. Auch dabei fungierte Badr Al-Busaidi als Vermittler. Nach Angaben des omanischen Außenministeriums soll eine vierte Runde am 3. Mai stattfinden.

Die Chefunterhändler sind Außenminister Abbas Araghtschi für die Islamische Republik und Donalds Trumps Sonderbotschafter Steve Witkoff auf seiten der USA. Beim dritten Treffen am Sonnabend kam mit Michael Anton ein weiterer Akteur ins Spiel. Er ist Direktor des Politikplanungsstabs von Außenminister Marco Rubio und leitet das »technische Team« der USA bei den Verhandlungen. Dessen Aufgabe ist die Diskussion mit den Vertretern der Gegenseite über präzise Einzelheiten einer angestrebten Vereinbarung, die einerseits Beschränkungen des zivilen Atomprogramms der Islamischen Republik und andererseits die Aufhebung oder Aussetzung westlicher Sanktionen regeln soll. Anton begann seine Laufbahn als Publizist und Ghostwriter für Politiker. Er vertritt die für viele Mitarbeiter Trumps typischen verschrobenen, weit rechts angesiedelten Vorstellungen zu gesellschaftlichen Themen.

Außenminister Araghtschi erklärte nach dem Treffen am Sonnabend auf einer Pressekonferenz, er sei »zufrieden mit dem Voranschreiten der Verhandlungen und deren Tempo«. Es sei »offensichtlich, dass beide Seiten es ernst meinen und mit Entschlossenheit in die Gespräche gegangen sind«. Das schaffe »eine Atmosphäre, die uns auf Fortschritte hoffen lässt«. Andererseits gab er aber auch zu bedenken, dass »Entschlossenheit manchmal nicht ausreicht und Meinungsverschiedenheiten so groß sein können, dass das Erreichen eines Ergebnisses unmöglich wird«.

Der konkrete Hintergrund solcher Andeutungen bleibt allerdings bisher unklar, weil beide Seiten ihre Positionen und Widersprüche nicht vollständig und genau öffentlich darstellen. Aus Äußerungen mehrerer US-amerikanischer Regierungsmitglieder ist deutlich, dass die Trump-Regierung dem Iran jede Form der Anreicherung von Uran untersagen will. Die iranische Seite hält dagegen, dass für die Islamische Republik ihr grundsätzliches Recht auf die Anreicherung von Uran »nicht verhandelbar« sei. Das lässt dennoch die Möglichkeit sehr weitgehender Zugeständnisse offen. Im Wiener Abkommen vom Juli 2015, das Trump im Mai 2018 während seiner ersten Amtszeit aufkündigte, hatte Iran darauf verzichtet, angereichertes Uran mit einem Reinheitsgrad von mehr als 3,67 Prozent zu produzieren.

US-Präsident Trump bekräftigte in einem außergewöhnlich umfangreichen Interview, das das Magazin Time am Freitag veröffentlichte, dass er »sehr bereitwillig« an der Seite Israels Krieg gegen Iran führen würde, »falls wir keinen Deal bekommen sollten«. »Wenn wir keinen Deal machen, stelle ich mich an die Spitze«. Oder wörtlich: »Dann mache ich den Rudelführer«, »I’ll be leading the pack«.

Am Tag der dritten Runde der »indirekten Gespräche« in Maskat kam es im Containerhafen Schahid Radschai zu einer verheerenden Explosion, die Brände auslöste. Am Sonntag mittag wurde die Zahl der Toten offiziell mit 25 angegeben. Mehr als 800, nach einigen Angaben mehr als 1.000 Menschen wurden verletzt, wobei die Differenz anscheinend in der Unterschiedlichkeit der Kriterien begründet ist. Es gab viele relativ geringfügige Verletzungen unter anderem durch zersplitterndes Glas, aber 190 Menschen wurden am Sonntag immer noch in Krankenhäusern stationär behandelt.

Zu den Ursachen des Unfalls – von einem solchen wurde am Sonntag im Iran allgemein ausgegangen – äußerten sich Regierung und Behörden zunächst nicht, sondern teilten nur die Einleitung von Untersuchungen mit. Weit verbreitet ist die Annahme, dass die Explosion durch unsachgemäßen Umgang mit gelagerten Chemikalien ausgelöst wurde, die zur Herstellung von Raketentreibstoff verwenden werden. Allerdings wurde das am Sonntag von Teheran dementiert.

Schahid Radschai gehört zur Stadt Bandar Abbas. Fast 80 Prozent des iranischen Containerumschlags laufen über diesen Hafen. Im Mai 2020 war Schahid Radschai Ziel eines mutmaßlich israelisch gelenkten Cyberangriffs, der kurzzeitig die Computersteuerung des Containerterminals lahmlegte.

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