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Aus: Ausgabe vom 28.04.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Geopolitik

Kampf um Induswasser

Indien macht Schleusen dicht. Islamabad spricht von »Kriegserklärung«. Kanalbauprojekte am Oberlauf des Stroms selbst in Pakistan in Kritik
Von Thomas Berger
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Bilaterales Politikum: Wer die Wasserzufuhr des Flusses kappt, spielt mit dem Frieden (Jamshoro, 26.4.2025)

Die ANSA-Meldung am Freitag klingt dramatisch: Indien hat die Schleusen der Staudämme am Indus blockiert und Pakistan damit eine strategische Wasser- und Energiequelle entzogen. Eine Geste, die die Behörden in Islamabad als »Kriegshandlung« betrachten.

Südasien hat diverse große Flüsse und in der Monsunzeit oft überreichlich Niederschlag. Wasser ist dennoch in vielen Gegenden des Subkontinents ein knappes Gut und sorgt für Streit. So wie seit Monaten zugespitzt in Pakistan: Was in einem Teil des Staates neue Flächen für die Landwirtschaft erschließen und der lokalen Bevölkerung Einkommensverbesserungen bringen soll, lässt Menschen in anderen Gegenden auf die Barrikaden gehen. Angesichts neuer Kanalbauprojekte im Nordosten fürchtet inzwischen nicht nur Karatschi, mit Anstand größte Metropole des Landes, ein schleichendes Austrocknen. In ganz Sindh, der südlichsten Provinz, nehmen Proteste gegen die Pläne zu.

Pakistan ist in seiner Wasserversorgung wesentlich auf den großen Strom Indus angewiesen. In der Regenzeit mag der mächtige Wasserlauf große Gebiete überschwemmen. Doch gerade im späten, heißen und trockenen Frühjahr kommt am Unterlauf nicht genügend Wasser an, um alle Bedarfe decken zu können.

Das Megaprojekt von sechs großen Kanälen im Punjab treibt neben dem internationalen den interregionalen Konflikt auf die Spitze. Was in der tief zerstrittenen pakistanischen Politik äußerst selten ist: In einer ohne Gegenstimmen beschlossenen Erklärung vom März erklärte das Provinzparlament von Sindh seinen Widerspruch gegen Pläne, dem Indus durch neue Kanäle im Oberlauf einen wichtigen Teil seiner Wassermassen zu entziehen.

Schon bisher, erinnerte die Zeitung The Nation in einem Beitrag von Ende Januar an eine 2022 vom Pakistan Council of Research in Water Resources (PCRWR) erstellte Studie, müsse sich Sindh im Schnitt mit 20 Prozent weniger Wasser begnügen, als der Provinz eigentlich nach dem Indus Water Accord von 1991 zustehen würden. Dabei ist die südliche Region ein wichtiger Akteur in Sachen Landwirtschaft. Weizen, Reis und Zuckerrohr von dort tragen weit mehr als ein Viertel zum nationalen Bruttoinlandsprodukt bei – die entsprechenden Flächen wiederum zu 80 Prozent abhängig von der Bewässerung mit Induswasser.

Dem Widerspruch folgte Widerstand: »Let the Indus Water Flow« stand auf riesigen Bannern einer Protestaktion in Karatschi am 6. April, organisiert von der Grand Democratic Alliance (GDA) und der Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) des inhaftierten Expremiers Imran Khan. Selbst führende Vertreter der von der Pakistanischen Volkspartei (PPP) des Bhutto-Zardari-Clans gestellten Regionalregierung drohen inzwischen damit, es nicht bei Protestaktionen zu belassen, sondern Kanalneubauten zur Not aktiv verhindern zu wollen. Damit stellt sich dieser wichtige Bündnispartner gegen die in der Zentralregierung dominierende Muslimliga (PML-N) von Premier Shehbaz Sharif.

Nun aber dürfte der interregionale Konflikt in den Schatten treten; in den des bilateralen Konflikts um den Indus zwischen den Atommächten Pakistan und Indien.

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