Gegründet 1947 Mittwoch, 30. April 2025, Nr. 100
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 28.04.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Maritime Wirtschaft

Konflikt um Containerhäfen

Australien: Tarifbruch von Dubai Ports World vor Parlamentswahl angekündigt. Gewerkschaft mobilisiert
Von Burkhard Ilschner
imago808541009.jpg
Stilleben und Idylle trügen: Die Lage etwa an den Terminals im Hafen von Melbourne dürfte sich zuspitzen (2.4.2025)

In Australien stehen kurz vor einer nationalen Parlamentswahl, die die regierende Labour-Partei unter dem jetzigen Premierminister Anthony Albanese ihre Mehrheit kosten könnte, mehrere große Containerhäfen vor einem neuen Konflikt. In Melbourne, Sydney und Brisbane betreibt das global aktive Hafenunternehmen Dubai Ports World (DP World), das der Herrscherfamilie des arabischen Emirats gehört, mehrere große Terminals. Vor etwas mehr als einem Jahr hatte es an allen drei Standorten eine heftige Auseinandersetzung mit der starken Hafenarbeitergewerkschaft Maritime Union of Australia (MUA) gegeben, die aber schließlich – nach diversen Arbeitskämpfen – mit einem auch unter Einfluss der Labour-Regierung erzielten Abkommen beigelegt werden konnte.

Diesen Tariffrieden scheint DP World Australia jetzt nach Angaben der MUA brechen zu wollen: Der Konzern hat nämlich angekündigt, in den drei Terminals mehr als 600 Millionen AUD (umgerechnet rund 338 Millionen Euro) »in den Ersatz qualifizierter australischer Hafenarbeiter durch automatisierte Anlagen und Geräte« investieren zu wollen. Die MUA behauptet, dass diese Ankündigung das vor mehr als einem Jahr erzielte Abkommen verletze, denn darin seien vor folgenreichen Änderungen gemeinschaftliche Konsultationen festgelegt worden.

Sowohl die Gewerkschaft als auch mehrere Medien und Beobachter schließen nicht aus, dass das Vorgehen von DP World mit der bevorstehenden Wahl und einem eventuell folgenden Regierungswechsel zusammenhängen könnte: Möglicherweise, so wird gemutmaßt, erwarte man in Dubai von einer künftig wieder konservativen Regierung mehr Unterstützung in einem solchen Konflikt. 2024 unter Albanese hatte sich die Fair Work Commission, die nach nationalem Arbeitsrecht zuständige staatliche Schlichtungsbehörde, auf die Seite der MUA gestellt. DP World wollte unter anderem massive Lohnkürzungen durchsetzen. Albanese selbst hatte es damals als »fair« bezeichnet, auch die Docker an den hohen DP-World-Gewinnen teilhaben zu lassen.

Der Konzern aus Dubai, der nach MUA-Angaben keine australischen Steuern zahlt, wolle unter anderem die Hafenarbeiter, die die Containerbrücken an den betroffenen Terminals fahren, durch Roboterkräne ersetzen. DP World habe im vergangenen Jahr seine landseitigen Gebühren für Unternehmen und Kunden um bis zu 52 Prozent erhöht, rechnet die MUA vor, und daraufhin bei einem Jahresumsatz von 825 Millionen AUD (465 Millionen Euro) Gewinne zwischen 63 und 96 Millionen AUD (35 und 54 Millionen Euro) erzielt. Australische Spitzenverbände der Logistik hatten auf die Erhöhungen mit Empörung reagiert, weil diese einerseits Exporteure und Endverbraucher schwer belaste, andererseits aber angesichts massiver Verspätungen und Pannen in den Lieferketten ungerechtfertigt sei.

Angesichts dessen argumentiert die MUA jetzt mit – nicht näher bezeichneten – Untersuchungen aus internationalem Containerbetrieb, wonach automatisierte Terminals weniger produktiv seien als solche, die mit hochqualifizierten Dockern und Stauern arbeiteten. Zudem hätten automatisierte Anlagen deutlich höhere Wartungskosten; selbst kleinere oder vereinzelte Ausfälle führten oft zum Stillstand des gesamten Terminalbetriebs. Schließlich werde eine 600-Millionen-AUD-Investition mit Sicherheit die Preise weiter ansteigen lassen.

Mit ein bisschen Süffisanz verweist die MUA auf einen langjährigen nationalen DP-World-Konkurrenten, den Hafenbetreiber Patrick Terminals, mit dem die Gewerkschaft 1998 den legendären »Waterfront-Krieg« ausgefochten hatte: So ungefähr nach dem Motto »es geht auch anders« berichtet die Gewerkschaft, dass Anfang dieses Monats mit Patrick vorzeitig ein neues Abkommen geschlossen worden sei, das bis 2028 gilt und neben stetigen Lohnerhöhungen auch einen Antrittsbonus sowie garantierten Verzicht auf betriebsbedingte Entlassungen und Outsourcing vorsieht. »Dubai Ports hat in diesem Land eine schlechte Erfolgsbilanz«, so die MUA, »jedes Mal, wenn sie einen Kampf mit der MUA beginnen, verlieren sie.«

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche:

Regio:

Mehr aus: Kapital & Arbeit