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Aus: Ausgabe vom 21.02.2025, Seite 2 / Ausland
Internationale Solidarität

»Wir wollen keine Komplizen eines Genozids sein«

Italien: Hafenarbeiter blockieren regelmäßig Waffenexporte. In München knüpften sie neue Kontakte. Ein Gespräch mit José Nivoi
Interview: Fabian Linder
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Massendemonstration von Hafenarbeitern in Genua gegen Krieg und Waffenlieferungen (25.2.2023)

Sie sind im autonomen Hafenarbeiterkollektiv CALP in Genua organisiert. Bei dem Protest gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz in München sprachen Sie davon, Ihre internationale Vernetzung stärken zu wollen. Was meinen Sie damit?

Wir sind ein Kollektiv, das Waffenlieferungen blockiert. Organisiert sind wir in der Basisgewerkschaft USB. Diese ist Teil des Weltgewerkschaftsbunds WFTU. Darin organisieren wir uns zusammen mit anderen internationalistisch und knüpfen Kontakte mit anderen Gewerkschaften. Bei den Protesten in München haben wir deutsche Hafenarbeiter getroffen, um mit ihnen zusammenzuarbeiten. Die Beziehungen zu den deutschen Hafenarbeiterkollegen haben 2021 informell angefangen. Jetzt werden wir uns offiziell verknüpfen, um gemeinsam und international Streiks zu organisieren.

Sie hindern Schiffe, die Rüstungsgüter transportieren, am Auslaufen?

Wenn wir wissen, dass es Waffenlieferungen durch den zivilen Hafen von Genua gibt, organisieren wir Demonstrationen und Streiks zusammen mit anderen Arbeiterinnen und Arbeitern, damit die Waffenlieferungen blockiert werden. Die kollektiven Aktionen setzen darauf, dass die Regierungen verstehen: Diese Lieferungen und die Produktion von Waffen wollen wir nicht. Wir wollen keine Komplizen eines Genozids sein. Kriege produzieren Armut und beschneiden den Wohlstand, was hier im Land anfängt. Deswegen wehren wir uns im Interesse der Arbeiter.

Inwiefern sind Sie bei Streiks und Blockaden staatlicher Repression ausgesetzt – insbesondere unter der Regierung Meloni?

An der Repression ändert die jeweilige Regierung nichts. Das einzige, was sich ändert, sind die Namen und Gesichter sowie die Rhetorik. Aber im Grunde kam die härteste Repression von dem sozialdemokratischen Partito Democratico, auch weil es eine Konkurrenz gab mit den großen Gewerkschaften. Am Ende sind das alles neoliberale Regierungen, die nicht im Interesse der Arbeiter handeln.

Gegenwärtig können wir problemlos zum Transportministerium und zu den Gewerkschaftsversammlungen gehen. Das ging unter sozialdemokratischen Regierungen nicht. Dennoch erfahren wir auch Repression durch das unter Meloni vergangenes Jahr verabschiedete Sicherheitsdekret 1660, das unsere Aktionen kriminalisiert. Die Ursprünge dieses Dekrets gehen jedoch auf Innenminister Minniti von dem Partito Democratico zurück. Am Ende ist es also egal, wer in Italien regiert.

Wie ist das Verhältnis zu anderen Gewerkschaften?

Manche beteiligen sich solidarisch, etwa an propalästinensischen Demonstrationen. Genau wie viele weitere politische Akteure. Konkrete Aktionen, wie die Blockade von Waffenlieferungen, macht außer uns keine der Gewerkschaften. Die größte italienische Gewerkschaft CGIL, welche der sozialdemokratischen Partei nahesteht, läuft nicht mit uns, da sie uns boykottiert.

Wie werden die Blockaden von Waffenlieferungen in den Zielländern aufgegriffen?

Es gibt gute Beziehungen in verschiedene Länder, dadurch erfahren wir auch häufig erst von den Transporten und wo sie überhaupt hin sollen. Von kurdischen Gruppen erfuhren wir, dass Waffen in den türkischen Hafen İskenderun transportiert werden sollten. Kontakte mit Jemeniten haben uns auf Lieferungen in die saudi-arabische Hafenstadt Dschidda hingewiesen. Im Falle Israels gibt es palästinensische Genossen innerhalb der WFTU, die uns auf Lieferungen hinweisen. In all diesen Fällen blockierten wir die Waffenlieferungen.

Warum waren Sie in München dabei?

Für uns war es wichtig, vor Ort zu sein. Um Beziehungen zu pflegen und zu knüpfen. Genozide und Kriege in der Welt müssen verhindert werden. Jeder muss anfangen, aktiv zu sein. Dann haben wir eine große Kraft. Die Kapitalisten sind gut darin, sich trotz ideologischer Unterschiede international zu engagieren. Deswegen müssen wir das auch tun.

José Nivoi ist beim Hafenarbeiterkollektiv Collettivo Autonomo Lavoratori Portuali (CALP) in Genua organisiert

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