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Aus: Ausgabe vom 30.04.2025, Seite 2 / Ausland
Krieg in Syrien

Drusen in Syrien unter Beschuss

Angriffe von Regierungsanhängern auf religiöse Minderheiten
Von Nick Brauns
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Checkpoint von drusischen Milizionären in Dscharamana (29.4.2025)

Als syrischer De-facto-Präsident gibt sich der frühere Al-Qaida-Mann Ahmed Al-Scharaa staatsmännisch. Gerade empfing seine Regierung Nancy Faeser in Damaskus, die Nochbundesinnenministerin erkundete »Rückkehroptionen« für Flüchtlinge. Derweil häufen sich Übergriffe von Al-Scharaas dschihadistischen Anhängern auf Minderheiten in Syrien.

Zuletzt wurden am Dienstag bis zu einem Dutzend Einwohner der von Drusen bewohnten Stadt Dscharamana südlich von Damaskus durch Beschuss von Regierungstruppen getötet. Selbstverteidigungskräften gelang es, die Angreifer zu vertreiben, die drusische Fahne wurde über der Stadt gehisst. Zuvor hatten bewaffnete Islamisten in Homs und Damaskus die »Ausrottung« der Drusen gefordert und Jagd auf Studenten aus der drusischen Provinz Suweida gemacht. Auslöser der Übergriffe waren angeblich von einem drusischen Geistlichen im Internet verbreitete Schmähungen des Propheten Mohammed. Scheich Marwan Kiwan, der vermeintliche Urheber des selbst vom Innenministerium als Fälschung bezeichneten Tondokuments, sprach von einem Versuch, »Zwietracht unter dem syrischen Volk zu säen«. Hintergrund der Provokation dürfte sein, dass die Regierungsanhänger einen Vorwand gesucht haben, nachdem der Militärrat von Suweida vergangene Woche die Aufstellung eigener Grenztruppen bekanntgegeben hatte. Die südsyrische Region ist dabei nicht nur von Al-Scharaas Schergen bedroht, auch Israel dringt von den besetzten Golanhöhen weiter vor.

Demgegenüber verfügen die meisten Alawiten auch nach dem Aufstandsversuch alawitischer Guerillagruppen im März über keinen bewaffneten Schutz. So werden nach den Massakern an rund 1.800 Zivilisten in der Küstenregion Latakia durch regierungsnahe Milizen nahezu täglich weitere Morde an Angehörigen der Minderheit gemeldet. Zudem wurden seit März mehr als 50 alawitische Mädchen und Frauen verschleppt.

Um gegenüber Damaskus mit einer Stimme zu sprechen, sind am Wochenende im nordsyrischen Kamischli 400 Delegierte der in der Selbstverwaltungsregion führenden linken Partei der Demokratischen Union (PYD) und des mit ihr rivalisierenden konservativen Kurdischen Nationalrates (ENKS) zusammengekommen. Ihre Forderung nach Zusammenschluss der kurdischen Siedlungsgebiete unter einem föderalen syrischen Dach wurde von Al-Scharaa umgehend als Separatismus zurückgewiesen.

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