Widerstand und US-Hörigkeit
Von Mawuena MartensIn Lateinamerika wird gerungen: Linke gegen Rechte. Imperialistische gegen antiimperialistische Kräfte. USA gegen China. Die Liste ließe sich noch weiter fortführen. Und auch Gründe für den Ringkampf gibt es viele: die politische Macht innerhalb eines Landes, die reichlich vorhandenen Ressourcen der Region sowie (wirtschaftliche) Einflusssphären.
Wer dabei die Oberhand behält, ist höchst wechselhaft. Eine Tendenz, die sich jedoch schon länger abzeichnet, ist der Aufstieg der Volksrepublik. So ist China mittlerweile zum wichtigsten Handelspartner Lateinamerikas avanciert. Selbst Länder, in denen US-Fans an der Spitze stehen – etwa das von Javier Milei regierte Argentinien –, kommen nicht umhin, einen gewissen Grad an guten Beziehungen zu Beijing zu pflegen. Wie die USA dies zu verhindern versuchen, beleuchtet Jörg Kronauer in »China zieht«, ebenso wie die negativen Folgen von Mileis Politik auf die nachbarschaftlichen Beziehungen. Eine Reportage aus Buenos Aires von Florencia Beloso zeigt anhand von Einzelbeispielen, wie es den Menschen unter dem neoliberalen Präsidenten geht und warum trotz der katastrophalen Folgen dennoch viele an dem Marktfanatiker festhalten.
Auch US-gestützte Putsche sind nichts Neues in der Region. Der jüngste ereignete sich Ende Juni in Bolivien, konnte jedoch von der linken Regierung unter Präsident Luis Arce vereitelt werden. Weniger erfolgreich war die Zurückdrängung des US-amerikanischen Einflusses auf der Insel Hispaniola: Im Juni hat eine von Washington finanzierte, von den Vereinten Nationen abgesegnete und von Kenia angeführte multinationale »Eingreiftruppe« erneut Haiti in Besitz genommen. Es ist nicht die erste Intervention in dem Land, die den USA, einer kleinen Oberschicht, internationalen Unternehmen und dem Nachbarland Dominikanische Republik dienlich ist. Die Hintergründe der Geschichte Haitis – und vor allem die Ursachen für den Umstand, dass es auf einer relativ kleinen Insel so eklatante Unterschiede in Wohlstand und Entwicklung zweier Staaten geben kann –, betrachtet Volker Hermsdorf in »Eine Insel, zwei Geschichten«.
Das Land par excellence, das dem US-Imperialismus seit 65 Jahren trotzt und in keiner linken Lateinamerikabeilage fehlen darf, ist Kuba. Nahezu ähnlich lange dauert die unmenschliche Blockadepolitik der Vereinigten Staaten gegen die sozialistische Inselrepublik an. Und die Auswirkungen sind mehr denn je zu spüren: Basisprodukte des täglichen Bedarfs sind schwer zu bekommen, eine massenhafte Abwanderung der Jungen und Gutausgebildeten fügt dem Land vor allem langfristig großen Schaden zu. Wie es um das Land steht und wie Regierung und Bevölkerung darauf reagieren, analysiert Edgar Göll in »Schwierige Zeiten«.
Auch Venezuela leidet unter der Last einseitiger US- und EU-Sanktionen. Ende Juli wird das Land einen neuen Präsidenten wählen. Nach den vergangenen Wahlen vor sechs Jahren hatte sich der rechte, von den USA gestützte Kandidat Juan Guaidó selbst zum Interimspräsidenten ernannt und wurde von Dutzenden Ländern anerkannt. Mit Spannung wird daher auf die diesjährigen Wahlen geblickt. jW-Journalistin Julieta Daza greift die Situation in ihrem Artikel »Venezuela am Scheideweg« auf.
Apropos: Am Scheideweg stand auch Chile, als es nach landesweiten heftigen Sozialprotesten 2022 den Sozialdemokraten Gabriel Boric in das höchste Staatsamt wählte und ein Prozess zur Neuschreibung der Verfassung aus Diktaturzeiten begann. Doch mittlerweile sind die Hoffnungen der Linkswähler im Land verpufft, zwei Entwürfe einer neuen Verfassung wurden in Volksentscheiden abgelehnt. Warum die Rechten im Aufwind sind und Boric zentrale Wahlversprechen nicht erfüllt, beleuchtet Sara Meyer.
Nicht zu vergessen ist das Thema »Migration«. Schon seit Jahren machen sich Tausende Menschen auf den entbehrungsreichen und gefährlichen Weg durch ganz Mittelamerika in die USA. In ihrer Reportage fängt Annuschka Eckhardt Momentaufnahmen von Menschen in Südmexiko ein, die vor Gewalt und Perspektivlosigkeit gen Norden fliehen und dort auf ein besseres Leben hoffen.
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