
Getreu den stolzen Traditionen der deutschen Arbeiterbewegung, im wahren Geiste der größten deutschen Dichter und Denker, erhebt die Kommunistische Partei Deutschlands ihre Stimme gegen die Judenpogrome Hitlers, die vor der gesamten Menschheit die Ehre Deutschlands mit tiefster Schmach bedeckt haben.
Die Bestialitäten, die von kommandierten SS-Leuten in Zivil im Auftrage der Hitler, Himmler, Goebbels, Göring und Streicher an wehrlosen Juden begangen wurden, werden von allen anständigen Deutschen abgelehnt und verabscheut. Das deutsche Volk hat mit den Brandstiftern der Synagogen, den Plünderern jüdischer Geschäfte und Wohnungen, den Mördern von jüdischen Mitbürgern nichts gemein. Die KPD begrüßt die tapfere ehrenvolle Haltung von vielen Deutschen aus allen Volksschichten, die unter den schwierigsten Verhältnissen versucht haben, ihren Protest gegen die Judenpogrome zum Ausdruck zu bringen und den verfolgten Juden Hilfe zu leisten!
Es ist eine elende Lüge, dass die Pogrome ein »Ausbruch des Volkszornes« gewesen seien. Sie wurden von langer Hand vorbereitet, befohlen und organisiert allein von den nationalsozialistischen Führern. Sie sollten in Wirklichkeit dazu dienen, den wachsenden Volkszorn gegen die nationalsozialistische Diktatur, gegen die wahnwitzige Ausplünderung des ganzen deutschen Volkes zugunsten der Rüstungsmillionäre und der korrupten Nazibonzen abzulenken auf Unschuldige, mit dem Ruf: »Der Jud ist schuld!«
Es sind aber nicht die Juden, die den Arbeitern die Löhne niedrig halten, den Achtstundentag vernichtet haben, die unerhörteste Ausbeutung betreiben, die Männer aus ihren Familien reißen und zur Zwangsarbeit für den Krieg verschicken. Es sind die nationalsozialistischen Führer im Auftrag des Großkapitals, die diese brutale Ausbeutung der deutschen Arbeiterklasse betreiben.
Es sind nicht die Juden, die den deutschen Mittelständler mit riesigen Steuern und Abgaben vernichten, Hunderttausende in die Konzentrationslager und Zuchthäuser sperren, Zehntausende von Kommunisten, Sozialisten, Demokraten, Katholiken, Evangelischen, Menschen aus allen Ständen und Schichten unseres Volkes gefoltert und ermordet haben. All diese Verbrechen werden von den nationalsozialistischen Führern im Interesse einer hauchdünnen Oberschicht von Monopolkapitalisten vollbracht. An der Ausplünderung der Juden bereichern sich nur diese Rüstungsmillionäre und braunen Bonzen.
Es sind nicht die Juden, die durch eine fortgesetzte Politik der Gewalt und der erpresserischen Drohungen gegenüber den anderen Ländern den Frieden gefährden und Deutschland in einen neuen Weltkrieg treiben. Es sind die Krupp, Thyssen, Mannesmann, Flick usw., die alten imperialistischen Verderber Deutschlands, die Kriegsgewinnler vom letzten Weltkrieg, die Inflationsgewinnler in der Republik, die Rüstungsgewinnler von heute, in deren Auftrag Hitler bereit ist, das deutsche Volk wieder in einem Krieg hinzuopfern.
Immer in der Vergangenheit hat die Reaktion, wenn sie ein Volk aufs Schlimmste ausplünderte und die Erbitterung des Volkes fürchtete, sich der schmutzigen Mittel der Judenhetze und der Pogrome zum Zwecke der Ablenkung von den wahren Schuldigen am Volkselend bedient. (…)
Der Kampf gegen die Judenpogrome ist deshalb ein untrennbarer Teil des deutschen Freiheits- und Friedenskampfes gegen die nationalsozialistische Diktatur.
Die Kommunistische Partei wendet sich an alle Kommunisten, Sozialisten, Demokraten, Katholiken und Protestanten, an alle anständigen und ehrbewussten Deutschen mit dem Appell: Helft unseren gequälten jüdischen Mitbürgern mit allen Mitteln! Isoliert mit einem Wall der eisigen Verachtung das Pogromistengesindel von unserem Volke! Klärt die Rückständigen und Irregeführten, besonders die missbrauchten Jugendlichen, die durch die nationalsozialistischen Methoden zur Bestialität erzogen werden sollen, über den wahren Sinn der Judenhetze auf. (…)
Die Befreiung Deutschlands von der Schande der Judenpogrome wird zusammenfallen mit der Stunde der Befreiung des deutschen Volkes von der braunen Tyrannei. Deshalb müssen alle deutschen Menschen, die das Regiment der Unterdrückung und der Schändung des deutschen Namens ablehnen und es beseitigen wollen, ihren festen Zusammenhalt schaffen.
Solidarität im Mitgefühl und in der Hilfe für die jüdischen Volksgenossen, Solidarität mit den gehetzten Kommunisten und Sozialisten, Solidarität mit den bedrohten Katholiken, Solidarität aller untereinander im täglichen Kampf zur Unterhöhlung und zum Sturz des verhassten Naziregimes durch Schaffung der breitesten deutschen Volksfrontbewegung – das ist es, was die Stunde von allen friedens- und freiheitsliebenden Deutschen verlangt!
Gegen die Schmach der Judenpogrome. Erklärung des ZK der KPD. In: Die Rote Fahne, 1938, Nr. 7. Hier zitiert nach dem Faksimile
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