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Leserbrief zum Artikel Sozialismus: Kevin allein zu Haus vom 03.05.2019:

Herr Kühnert hat recht

Der Klimawandel beruht auf einer Überausbeutung der Natur, die auf systemische Reproduktionserfordernisse und Selbstregulationsfähigkeiten der Ökosysteme ebensowenig Rücksicht genommen hat wie auf die Eigenproduktivität der Natur, deren systematische Beachtung uns viele Umwege und Technisierungen erspart hätte, wenn wir sie frühzeitig, z. B. seit den ersten Warnungen von Alexander von Humboldt vor den Abholzungen, oder von vielen anderen Naturforschern im Laufe des 19. Jahrhunderts ernst genommen hätten. Gegen alle Warnungen ist eine fossil angetriebene Beschleunigung der gesellschaftlichen Entwicklung entstanden, die bis heute viele Milliarden Gewinne jährlich auf das Konto der Erdöl- sowie Mobilitäts-, Rüstungs- und landwirtschaftsbezogenen Weltkonzerne befördert. Der Klimawandel ist deren Produkt, und daher ist Kevin Kühnerts Forderung auf Vergesellschaftung von Eigentum nicht nur auf den Wohnungsmarkt zu beziehen, sondern vor allem auf den Klimawandel. Die Profiteure des Klimawandels sollten auch für seine Eindämmung bezahlen: Also Vergesellschaftung des Eigentums aller fossile Energie in die Welt setzenden und darauf abgestimmten Branchen zur Finanzierung der klimapolitischen Umsteuerung. Denn vor allem der »Reichtum«, der durch die Überausbeutung der Natur entstanden ist, sollte für Maßnahmen gegen den Klimawandel herangezogen werden! Vergesellschaftung des Kapitals von Nutznießern des Klimawandels wäre eine höchst dringliche und sinnvolle Forderung der Linken, um zu den Problemen der Zeit, Klimawandel und Umweltzerstörung, aufzuschließen. Z. B. im Falle Mosambiks: Obwohl von entfesselten Orkanen, die dem Klimawandel geschuldet sind, überfallen, setzt das Land auf Erdöl und Kohle, um die benötigte Energie bereitzustellen, weil sie zu Wind- und Solarenergie keinen Zugang haben. Welch ein absurdes Spektakel: Viele Hunderte Millionen Euro stehen für die Wiederherstellung der Notre-Dame zur Verfügung, aber nur Peanuts für die Katastrophe in Mosambik! Das ist Europa derzeit, ein Kontinent, der offenbar keine Hilfe sein will für die Armen und im Kampf gegen den Klimawandel – eine entgleiste Staatengemeinschaft, die im Krieg um Ressourcen mehr Zuversicht sieht als im Übergang zur Hilfe für andere und in der Rückkehr zur Natur- und Klimaverträglicheit.
Hans Wöcherl
Veröffentlicht in der jungen Welt am 03.05.2019.
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