Leserbrief zum Artikel Sozialismus: Kevin allein zu Haus
vom 03.05.2019:
Voll ins Schwarze
Der Juso-Chef Kühnert hat sich erlaubt, öffentlich über den Kapitalismus und seine mögliche Überwindung und den Sozialismus nachzudenken. Er steht damit in der Juso-Tradition nicht allein. So forderte Finanzminister Olaf Scholz in seiner Zeit als stellvertretender Juso Vorsitzender »die Überwindung der kapitalistischen Ökonomie«. Gerhard Schröder bezeichnete sich zu seiner Zeit als Juso-Vorsitzender als Marxisten, der sich zum Ziel setzte, die Vorrechte der herrschenden Klasse zu beseitigen. Was also sollen die panischen Reaktionen und der Aufschrei von Politikern und Medien, ihre lächerlichen und diskreditierenden DDR-Vergleiche bezüglich der Äußerungen von Kühnert gerade zum jetzigen Zeitpunkt? Sie haben offensichtlich erkannt, dass solche Aussagen heute auf einen ganz anderen Boden fallen als früher. Sie könnten unter Berücksichtigung der fortschreitenden Verarmung breiter Bevölkerungsschichten, der zunehmenden Kriegsgefahr, der Umweltzerstörung und der sozialen Probleme mit dazu beitragen, an den Grundpfeilern der Macht zu rütteln, an der auf Profit orientierten Marktwirtschaft. Die Reaktionen zeigen, dass Kühnert mit seinen Aussagen voll ins Schwarze getroffen hat.
Veröffentlicht in der jungen Welt am 07.05.2019.