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Aus: Ausgabe vom 06.06.2024, Seite 7 / Ausland
USA

Zionistische Wohltäter

USA: Trump wirbt nach Verurteilung als »politischer Gefangener« um Finanzierung von Wahlkampf. Loyalität zu Israel entscheidend
Von Knut Mellenthin
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»Friedensstifterin« Miriam Adelson erhält Auszeichnung von Donald Trump (Washington, D. C., 16.11.2018)

Wer einmal in gewisse US-amerikanische Adresskarteien geraten ist, bekommt nicht nur regelmäßig Post von der Schusswaffenlobby, sondern auch Bettelbriefe von Donald Trump. Seit dieser in der vorigen Wochen wegen der falschen Verbuchung von Schweigegeldzahlungen verurteilt wurde, bezeichnet er sich als »politischen Gefangenen«, der »nichts Falsches getan« habe, sondern Opfer eines »manipulierten Hexenjagdprozesses« geworden sei. Ihn bei der Rückkehr ins Weiße Haus zu unterstützen, sei jetzt »das Einzige, was zwischen uns und der Tyrannei steht«.

Die gute Nachricht für Trump: Seit dem Urteil kommt reichlich Geld in die Kassen. In den ersten 24 Stunden seien mehr als 50 Millionen US-Dollar gespendet worden, meldete seine Wahlkampfzentrale am Freitag. Innerhalb von drei Tagen sei die Summe der Eingänge auf 200 Millionen Dollar gestiegen, verkündete Trumps Sohn Eric am Sonntag. 70 Millionen davon seien durch Kleinspenden zusammengekommen. Der Präsidentschaftskandidat kann den finanziellen Auftrieb gut gebrauchen, denn Ende April zeigte sein Kampagnenkonto nur einen Stand von 49 Millionen an, während Amtsinhaber Joseph Biden über 84 Millionen Dollar verfügte.

Trump könnte vielleicht bald auch in der finanziellen Absicherung seines Wahlkampfs am Konkurrenten vorbeiziehen. Am Freitag behauptete die in den USA erscheinende linksliberale Wochenzeitung Forward, die 1897 als Stimme der jüdischen Arbeiterbewegung gegründet wurde, dass Miriam Adelson dem Kandidaten der Republikaner mehr als 100 Millionen Dollar für seine Kampagne versprochen habe. Technisch wäre das für die Witwe des 2021 verstorbenen Trump-Sponsors Sheldon Adelson kein Problem, denn ihr Vermögen wird auf rund 30 Milliarden Dollar geschätzt.

Mutmaßungen, dass Miriam Adelson die Absicht habe, Trump außerordentlich großzügig zu unterstützen, gehen auf ein ausführliches Porträt der Milliardärin in der 14tägig erscheinenden Zeitschrift New York Magazine zurück. Eine Zahl wurde dort nicht genannt; sie kam durch Gerüchte in die Medien. Unbewiesen ist auch die Vermutung des New York Magazine, Adelson verlange als Gegenleistung, dass Trump sich für die Annexion der seit 1967 besetzten Westbank einsetzt. Das knüpft an Erzählungen an, dass die Adelsons im Wahlkampf 2016 für ihre erste Spende von 20 Millionen Dollar an Trump die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem gefordert hätten. Insgesamt beliefen sich ihre Zahlungen an die Trump-Kampagne damals auf 90 Millionen Dollar.

Zuzutrauen wäre Trump die Beihilfe zur Annexion der Westbank ohne weiteres. Er sei der loyalste US-Präsident gewesen, den Israel jemals hatte, prahlte Trump in einem Interview, das das Time Magazine am 30. April veröffentlichte. Er nannte als Beispiele die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt und den Umzug der US-Botschaft, die Anerkennung der Annexion der syrischen Golanhöhen, die Vermittlung der Normalisierungsabkommen mit mehreren arabischen Staaten und den Ausstieg der USA aus dem internationalen Wiener Abkommen mit dem Iran. Trump hätte auch noch erwähnen können, dass er alle Zahlungen an die palästinensische Regierung, an Projekte im Gazastreifen und in der Westbank ebenso wie an die UNRWA und andere Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen einstellen ließ.

Einem Bericht der Washington Post vom 27. Mai zufolge soll Trump sich zwei Wochen zuvor in New York mit zionistischen Gewohnheitsspendern getroffen haben, um deren Unterstützung zu gewinnen. Er habe versprochen, er werde als Präsident die Aktionen an Universitäten und Colleges gegen die israelische Kriegführung im Gazastreifen ganz schnell beenden: »Jeden Studenten, der demonstriert, werfe ich aus dem Land. Sie wissen ja, da gibt es eine Menge ausländische Studenten.« Die Demonstranten seien Teil einer »radikalen Revolution«, aber er werde die propalästinensische »Bewegung um 25 oder 30 Jahre zurückwerfen«.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

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