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Aus: Ausgabe vom 28.06.2024, Seite 2 / Ausland
Kenianische Polizei nach Haiti

»Das sind die Schlägertruppen des Präsidenten«

Kenianische Polizisten werden auf Wunsch der USA nach Haiti entsandt. Ein Gespräch mit Okakah Onyango
Interview: Tim Krüger
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Kenias Polizei ist für ihre Brutalität gegen die eigene Bevölkerung berüchtigt – nun wird sie auf Haiti eingesetzt (Nairobi, 27.6.2024)

Während Kenia von der größten Protestbewegung seiner jüngeren Geschichte erschüttert wird, haben die ersten Polizeieinheiten das Land in Richtung Haiti verlassen. Welche Einheiten wurden in die Karibik entsendet und wie groß ist das kenianische Truppenkontingent, das in Haiti eingesetzt werden wird?

Die Entsendung der kenianischen Truppen kommt, nachdem William Ruto im Mai von US-Präsident Joe Biden empfangen wurde und geschieht auf Wunsch der USA. Laut der Erklärung der Regierung sollen insgesamt 1.000 Polizisten nach Haiti entsandt werden. Dabei wird das Kontingent aus verschiedenen Einheiten zusammengesetzt. Die Rapid Deployment Unit, RDU, die Anti-Stock Theft Unit, ASTU, und auch die berüchtigte General Service Unit, GSU, sind Teil der entsendeten Truppen. Die GSU, das sind die Schlägertruppen des Präsidenten. Sie werden unter anderem auch von israelischen Kräften trainiert, um Massenproteste niederzuschlagen, und sind bekannt für ihre Rücksichtslosigkeit. Daneben werden auch Kräfte der Border Patrol Unit nach Haiti verlegt. Man muss dazu sagen, dass nicht nur Kenia Truppen nach Haiti entsendet, sondern, soweit wir wissen, auch Chile, Jamaika, Grenada, Paraguay, Tschad, Burundi, Mauritius und Algerien.

Präsident Ruto bezeichnete die Entsendung der Einheiten als »Mission der Menschlichkeit und Solidarität«. Was sagen Sie dazu?

Wir sind selbstverständlich gegen diese Mission, denn hier sollen Afrikaner gegen ihresgleichen eingesetzt werden. Manche von uns sind Panafrikanisten und wir betrachten das Volk von Haiti als unsere Brüder und Schwestern. Die kenianischen Polizeikräfte sind bekannt für ihre Brutalität und die Anwendung von übermäßiger Gewalt. Erst am Dienstag haben wir gesehen, wie Scharfschützen von hohen Gebäuden das Feuer auf wehrlose Demonstranten eröffnet haben und dabei besonders auf Menschen zielten, die die Proteste gerade verlassen wollten. Das ist die Art von Leuten, mit denen wir es hier zu tun haben. Das sind Mörder, die nicht im Interesse des Volkes handeln und nur darauf warten, friedliche Menschen, bewaffnet mit nichts als ihren Schildern und ihrer Stimme, schwer zu verletzen.

Wir denken, es ist eine Schande, dass diese Leute nun entsandt werden, um unsere Brüder und Schwestern in Haiti zu misshandeln. Es ist auch eine Schande für die kenianische Regierung, die diese Maßnahme ohne Rücksicht auf das Gesetz durchsetzt und unser Land zu einer Marionette macht. Es kann nicht sein, dass unsere Polizeikräfte in andere Länder entsandt werden, um dort die Konflikte weiter anzuheizen, während hierzulande die Menschen auf die Straßen gehen und die Polizei auf friedliche Demonstranten schießt, sie das Banditenproblem im Norden nicht unter Kontrolle bekommen und in den verarmten Nachbarschaften immer wieder Jugendliche ermorden. Während sie nicht in der Lage sind, die Probleme im eigenen Land zu lösen, senden sie Truppen in andere Teile der Welt.

Jüngst hat der US-Präsident Kenia zum »wichtigen Nicht-NATO-Verbündeten« deklariert. Welche Rolle spielt Kenia für die USA?

Die Ausbildung unserer Polizeieinheiten erfolgt unter der Aufsicht des Westens, vor allem der britischen Kräfte, aber auch die USA mischen sich mehr und mehr ein. So wollen sie ihre Interessen in Kenia sichern. Unser Land ist in vielerlei Hinsicht von den USA abhängig. Erst kürzlich hat sich Ruto mit dem Verteidigungsminister der USA getroffen, im Januar war der CIA-Chef in Nairobi zu Besuch und vor einer Woche der FBI-Direktor. Die USA versuchen sich durch Abkommen mit Kenia als wichtiger Akteur auf der Ostseite des Kontinents zu halten.

Jüngst wurden wir darüber informiert, dass sie dabei sind, die US-Basis in Wajir County weiter auszubauen. Auf dem Luftwaffenstützpunkt in Lamu wollen die USA eine neue, 10.000 Fuß (rund drei Kilometer, jW) lange Startbahn errichten. Wir befürchten, dass der weitere Ausbau der ausländischen Stützpunkte großen Schaden anrichten wird. In der Vergangenheit haben Soldaten dieser Stützpunkte Frauen vergewaltigt und ermordet. Bei Übungen zünden sie unsere Wälder an und unsere Kinder verletzen sich an der herumliegenden Munition. Das alles ist eine Katastrophe und wir wollen das nicht.

Okakah Onyango ist Mitglied der Revolutionary Socialist League of Kenya und des Nairobi-Chapters der Social Justice Centres Working Group

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