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Aus: Ausgabe vom 28.06.2024, Seite 4 / Inland
Law & Order Berlin

Düstere Zeiten für Parks

Berlin: »Schwarz-rote« Koalition plant Verpolizeilichung des Grünanlagenrechts. Nächtliche Schließungen und Alkoholverbote möglich
Von Annuschka Eckhardt
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Polizei im Park: Alltag im Görli (Berlin, 1.5.2024)

Dunkle Wolken ziehen über dem berühmt-berüchtigten Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg auf: Berliner und Touristen, die in der Sonne fläzen, verkrümeln sich bei den ersten dicken Regentropfen. »Hey, alles okay bei dir?« fragt ein Mann freundlich. Bei mir schon, doch für die Berliner Grünanlagen sieht es nicht gut aus.

Nachdem die Tagesordnung des Umweltausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses am Mittwoch kurzfristig auf Antrag der SPD-CDU-Koalitionsfraktionen geändert wurde, ist in der Sitzung am Donnerstag eine Vorlage zur Änderung des Grünanlagengesetzes vorgestellt worden. »Die Bezirksverwaltung kann für Anlagen oder Anlagenteile Beschränkungen auf bestimmte Benutzungsarten und Öffnungszeiten festlegen und die Benutzung durch Gebote oder Verbote regeln«, steht in dem Änderungsantrag, der jW vorliegt. Nachts im Park chillen bei ein paar Bierchen? Nix da, falls der Law-and-Order-Senat das nicht will.

»Das Gesetz bedeutet eine Verpolizeilichung des Grünanlagenrechts«, sagte David Werdermann am Donnerstag gegenüber junge Welt. »Nach dem neuen Gesetz dürfte die Behörden Beschränkungen oder Verbote erlassen, wenn der Park ein sogenannter ›kriminalitätsbelasteter Ort‹ ist.« Das Problem sei, dass die Polizei einen solchen Ort selbst schaffen könne, indem sie dort besonders viel kontrolliert und dabei naturgemäß auch auf mehr Kriminalität stoße. Die Behörden könnten nicht nur nächtliche Schließungen anordnen, wie sie im Görlitzer Park geplant sind. Es drohe auch eine Renaissance der Alkoholverbote, wenn die Behörde argumentiert, dass dadurch Straftaten verhindert werden könnten.

»Die Reform schafft die Grundlage dafür, den öffentlichen Raum immer weiter einzuschränken. Das treffe vor allem Menschen, die sich die teuren Cafés und Bars in Berlin nicht mehr leisten könnten«, so Werdermann, der bei der »Gesellschaft für Freiheitsrechte« arbeitet.

»Die Bezirke sehen sich zunehmend Problemen in öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen ausgesetzt, zum Beispiel Vermüllung, Beschädigung von Anpflanzungen, Gefährdungen und Störungen von Anlagenbesuchern bei größeren Personenansammlungen und nächtlichen Feiern, Begehung von Gewalt- und Eigentumsdelikten sowie Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz«, heißt es in der Vorlage zur Beschlussfassung über das Zweite Gesetz zur Änderung des Grünanlagengesetzes. Es sei bei Sondernutzungen in Grünanlagen nicht ohne weiteres sichergestellt, dass nicht nur der Schutz der Grünanlage selbst, sondern auch die Sicherheit der Besucher gewährleistet sei, behauptet der Senat.

Ob der Senat mit der Schließung des Görlitzer Parks durchkomme, sei aber weiterhin fraglich, schätzt Werdermann. »Denn auch nach der Gesetzesänderung verbleibt die Zuständigkeit für das Grünanlagengesetz bei den Bezirken. Der Senat versucht zwar gerade das Verfahren beim Görli an sich zu ziehen, aber der Bezirk Friedrichshain-Kreuzburg hat bereits Klage erhoben.« Werdermann beurteilt die geplante Schließung als unverhältnismäßig und daher rechtswidrig. Sie sei schon deshalb ungeeignet, Straftaten zu verhindern, weil diese sich lediglich örtlich verlagerten. Nächsten Donnerstag könnte das Gesetz im Abgeordnetenhaus beschlossen werden.

»SPD und CDU zünden mit diesem Gesetz regelrecht die Stadt an. Öffentliche Räume sind Lebensräume jenseits von Konsum und demokratische Orte, die wir alle brauchen«, sagte Katalin Gennburg, Sprecherin für Stadtentwicklungs- und Umweltpolitik der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Diese unter Generalverdacht zu stellen, komme einer Entrechtung der Berliner gleich. »Die Stadt gehört den Menschen und nicht der Polizei oder dem Regierenden Wegner«, so Gennburg.

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