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Aus: Ausgabe vom 02.07.2024, Seite 1 / Ausland
Parlamentswahlen

Frankreich wählt rechts

Nach Sieg von Le-Pen-Partei: Linke Volksfront und Macron-Lager kündigen Kooperation an
Von Karim Natour
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In zahlreichen französischen Städten demonstrierten am Sonntag Menschen gegen den Rassemblement National wie hier in Paris

Frankreich hat sich entschieden: Emmanuel Macron muss weg. Das Bündnis des amtierenden Präsidenten mit dem Namen »Ensemble« landete beim ersten Durchgang der vorgezogenen Parlamentswahlen am Sonntag mit rund 22 Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz. Zwar kann Macron trotzdem bis 2027 Präsident bleiben, das schlechte Ergebnis markiert aber das endgültige politische Scheitern seines Projekts.

Knapp 28 Prozent der Stimmen konnte das linke Bündnis Nouveau Front Populaire (NFP) unter der Führung von Jean-Luc Mélenchon auf sich vereinigen. Der NFP hatte sich nach der Auflösung der Nationalversammlung durch Macron im Anschluss an das desaströse Wahlergebnis für dessen Partei bei den EU-Wahlen am 9. Juni zusammengefunden.

Der eindeutige Wahlsieger war, wie erwartet, der Rassemblement National (RN). Die rechtsnationale Partei von Marine Le Pen wurde mit 33 Prozent stärkste Kraft. Laut dem Meinungsforschungsinstitut Ipsos erhielt die Partei besonders viele Stimmen von Arbeitern und Menschen ohne höheren Bildungsabschluss, wie dpa berichtete. Unter jungen Wählern war der linke NFP erfolgreicher als der RN, so Reuters.

Nach Bekanntwerden der Ergebnisse kam es in mehreren Städten zu Protesten gegen die extreme Rechte. In Paris folgten Hunderte Menschen einem Aufruf des Linksbündnisses. Auch in Nantes, Dijon, Lille und Marseille kam es zu Kundgebungen und Protestmärschen.

Bei den Stichwahlen am kommenden Sonntag, bei denen sich entscheidet, wie viele Sitze die Blöcke in der Nationalversammlung erhalten, hofft der RN, die absolute Mehrheit zu erreichen. Nur dann will Parteichef Jordan Bardella für das Amt des Premierministers kandidieren. In diesem Fall droht zudem ein gelähmtes Parlament, da der RN Gesetzesvorhaben blockieren könnte.

Vor diesem Hintergrund kündigten Ensemble und NFP am Montag an, Kandidaten in Wahlkreisen zurückziehen zu wollen, in denen man auf dem dritten Platz gelandet sei, um sich nicht gegenseitig zu schwächen und eine absolute Mehrheit des RN bei den Stichwahlen zu verhindern.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (2. Juli 2024 um 11:40 Uhr)
    Halten wir mal fest: Emmanuel Macrons Projekt einer neuen Mitte ist krachend gescheitert. Die Wahlstrategie der Macronisten bestand von Anfang an darin, das Linksbündnis zu dämonisieren und die Wähler davon zu überzeugen, dass es genauso schlimm sei wie die Partei von Le Pen. Das war ein Fehler! Der Effekt solcher Aktionen war eine teilweise Demobilisierung der linken Wählerschaft, eine leichte Stärkung der Mitte sowie eine weitere Schwächung der republikanischen Front, also der traditionellen Allianz der demokratischen Parteien gegen die radikale Rechte. Im Hinblick auf die Stichwahl am Sonntag zogen das zweitplatzierte Linksbündnis Nouveau Front Populaire (NFP) sowie das drittplatzierte Macron-Lager bereits über 150 Kandidaten zurück, um die Chancen des jeweils anderen gegen den RN zu erhöhen. Das Problem beim Aufbau einer Anti-RN-Front sehe ich eher auf der linken Seite: In dieser republikanischen Front gibt es viele Wähler der Mitte und der gemäßigten Rechten, die eher versucht sein könnten, für die extreme Rechte zu stimmen als für die linke Koalition. Mélenchon, der Führer von La France Insoumise (LFI), dominiert derzeit die Linke, was den Konservativen nicht gefällt. Angesichts einer Wahl zwischen Mélenchon und Le Pen ziehen sie es daher vor, ihre Kandidaten nicht zurückzuziehen. Der drittplatzierte Präsident Macron rief zu einer breiten und eindeutig demokratischen und republikanischen Union auf. Es stimmt aber auch, dass Mélenchon mit seiner destruktiven Opposition die gemäßigteren Wähler verprellt hat. Macron, der Schönredner, ist inzwischen bei vielen Landsleuten verhasster als die Rechtspopulistin. Mit seinem selbstherrlichen Führungsstil hat er sich selbst ins Abseits manövriert.
  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (2. Juli 2024 um 07:08 Uhr)
    Kommt dieser Protest (siehe Bild), wohlgemerkt nach (!) der Wahl, nicht zu spät? Die Kampfmaßnahmen wären gerechtfertigt, wenn sich der RN an die Macht geputscht hätte, wie man das aus anderen Staaten kennt. Aber der RN hat sein Wahlergebnis in einer demokratischen Wahl erreicht. – Wo waren die Demonstranten vor (!) der Wahl? Als es darum gegangen wäre, die Wähler zu motivieren, um dieses Ergebnis zu verhindern?
  • Leserbrief von Holger K. aus Frankfurt (1. Juli 2024 um 22:37 Uhr)
    In Krisenzeiten wie den hiesigen wird ein beachtlicher Teil des Kleinbürgertums, der Arbeiteraristokratie sowie Teile der Deklassierten teils kopfscheu, teils wild um sich schlagend, so als wenn der wilde Watz sie gebissen hätt. Hinzu kommt, dass beachtliche Teile der Pauper nicht zur Wahlurne schreiten, weil von den Linken enttäuscht, was dann der Reaktion zu Gute kommt. Die handzahme Art der Linken stößt etliche Zu-kurz-Gekommene regelrecht ab, so dass das Pendel nach rechts ausschlägt.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Bernd K. aus 50769 Köln (1. Juli 2024 um 21:07 Uhr)
    Wenn sich bewahrheiten sollte, dass die Linke dort die Wahl macronistischer Kandidaten unterstützen will, kann nur darauf gehofft werden, dass die Basis das nicht mitmacht. Eine wirtschaftsliberale – und auch noch die Kriegspolitik/Waffenlieferungen von Macron wählen? Oder sind die Folgen dieser Politik nicht unsozial genug? Und woran liegt es, dass Arbeiter – im Gegensatz zu früher, diese Linke nicht mehr wählen?

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